„Ein Angriff auf uns alle“

Nach den Angriffen in Frankreich und in Dänemark fordert der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu europäische Juden zur Auswanderung auf. Im Gespräch mit SZ-Korrespondent Hagen Strauß sagt Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD): Absolute Sicherheit gebe es nirgendwo auf der Welt, und zwar für niemanden.

Herr Minister, ist die Sicherheit von Juden auch in Deutschland in Gefahr?

Maas: Ich befürchte, die Bedrohung ist bei uns nicht geringer als in vielen anderen Ländern. Solange die Polizei Synagogen und jüdische Schulen schützen muss, sind wir von einem normalen Miteinander noch sehr weit entfernt. Zum Glück hat sich die Zahl der Mitglieder der jüdischen Gemeinden in den vergangenen Jahren dennoch vervielfacht. Ich empfinde das besonders mit Blick auf unsere Vergangenheit als ein unverdientes Geschenk, für das wir sehr dankbar sind.

Die Zahl der antisemitischen Vorfälle steigt jedoch seit Jahren. Was kann die Politik dagegen tun?

Maas: Wir müssen deutlich machen: Jeder Angriff auf jüdisches Leben ist ein Angriff auf uns alle. Das Recht und wir alle stehen an der Seite der Juden . Wir werden alles tun, um jüdisches Leben hier bei uns zu schützen. Das gilt nicht nur für die Sicherheitsbehörden, sondern auch für die Justiz. Wer jüdisches Leben in Deutschland attackiert, darf keine Toleranz erwarten und wird mit aller Härte des Gesetzes zur Rechenschaft gezogen.

Was halten Sie vom Aufruf Netanjahus an Juden , nach Israel auszuwandern?

Maas: Das Interesse Israels an der Einwanderung jüdischer Menschen kann ich verstehen. Absolute Sicherheit gibt es aber leider nirgendwo auf der Welt - für niemanden. Wir tun alles, was in unserer Macht steht, um jüdische Einrichtungen bei uns zu schützen. Denn: Wir sind sehr froh über jüdisches Leben in Deutschland, es ist eine enorme Bereicherung für unsere Gesellschaft. Wir wollen weiter gemeinsam mit den Juden , die bei uns sind, die Zukunft unseres Landes gestalten.

Aber wie lässt sich das Zusammenleben weiter verbessern?

Maas: Bei jeder Bedrohung werden wir an der Seite der jüdischen Gemeinden in Deutschland stehen. Wer auch immer Vorurteile oder Hass verbreitet, dem werden wir uns klar entgegenstellen. Jede Form von Antisemitismus ist ein Angriff auf unsere Grundwerte. Respekt und Dialog sind die Voraussetzung für das Zusammenleben unterschiedlicher Religionen. Dafür müssen wir alle gemeinsam eintreten, nicht nur in der Politik, sondern jeder Einzelne immer und überall.

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