Ehemalige First Lady zieht es zurück ins Weiße Haus

Washington · Schon lange wurde damit gerechnet, nun ist es offiziell: Hillary Clinton hat gestern Abend ihre Kandidatur für die Präsidentschaftswahlen 2016 verkündet.

Hillary Clinton 2.0, der Neustart, die Neuerfindung. Wie das aussehen könnte, hat sie skizzenhaft erkennen lassen, im Epilog ihres Memoirenbands "Hard Choices", der demnächst in die Buchläden kommt. Philosophisch schreibt sie darüber, wie die kleine Charlotte, das Baby ihrer Tochter Chelsea, ihre Prioritäten verändert. In den paar Monaten, die seit der Geburt ihrer Enkelin vergangen sind, habe sie bereits gelernt, die Welt mit anderen Augen zu sehen. Der Meilenstein Charlotte, "er hat mich tief nachdenken lassen über die Verantwortung, die wir alle tragen als Treuhänder für eine Welt, die wir vorübergehend erben und eines Tages weitergeben". Aber dass sie nun, als Großmutter, das Tempo rausnehme, sei nicht der Fall. Im Gegenteil, "ich fühle mich angespornt, jetzt erst recht Gas zu geben".

Natürlich sind das Sätze, an denen ihr Beraterstab lange gefeilt haben dürfte. Nichts Spontanes, eher sorgfältig geplantes Image-Polieren. Und wenn ihr junger Wahlkampfmanager Robby Mook verspricht, dass sich ihr Assistententeam diesmal als große Familie verstehe, dann mag das zwar übertrieben klingen, aber es ist eben auch eine Lehre aus den Turbulenzen des Jahres 2008. Damals tobte heftiger Streit unter ihren Getreuen in "Hillaryland", nicht nur hinter, sondern auch vor den Kulissen. Die Kandidatin selber wirkte gereizt, irritiert und verärgert über den Senkrechtstarter Barack Obama , der sich einen Teufel um die Parteihierarchie scherte und es wagte, sie vom Favoritenthron zu stoßen. Wohlwollende Kommentatoren sprachen von der Eisernen Lady, weil sie tapfer weiterkämpfte, als sie im Vorwahlduell schon keine Chance mehr hatte. Weniger wohlwollende rieten dringend zu Lockerungsübungen.

Es scheint, als habe Clinton, die gestern offiziell ihre Kandidatur verkündete, den Tipp beherzigt. Nichts soll den Eindruck erwecken, als gehe es ihr einzig darum, die letzte Sprosse der Karriereleiter zu erklimmen. "Ich bin dabei, um zu gewinnen", das waren die Worte, mit denen sie 2007 ihre Bewerbung verkündete. Werbeprofis sagten ihr später, es habe zu sehr nach einem Egotrip geklungen. Nichts, soll sie ihrem Team laut der Insider-Plattform "Politico" eingeschärft haben, soll diesmal so aussehen, als ginge es vor allem um sie. Als greife sie nach einem Amt, von dem sie glaube, dass sie es sich mit dem Schweiß vieler Jahre verdient habe. Vielmehr dreht sich alles um die Mittelschichten, als deren Kandidatin sich Clinton versteht.

Als Erstes wird die 67-Jährige nach Iowa fahren. Es ist ein Zeichen demonstrativer Bescheidenheit. In Iowa hatte sie im Januar 2008 ihre schwerste Niederlage erlitten, als sie bei den Vorwahlen hinter Barack Obama und John Edwards nur auf dem dritten Platz landete. Beim zweiten Anlauf will sie direkter auf die Leute zugehen, in Imbisslokalen das Gespräch suchen, statt in großen Sälen zu reden. In kleiner Runde, beobachten alle, die sie kennen, sei sie deutlich besser. Dort könne man spüren, wie witzig und locker sie zu plaudern verstehe, während sie auf großer Bühne oftmals verkrampfe.

Wie auch immer, in den eigenen Reihen scheint sie vorerst unangefochten. Auch Obama versäumte nicht, ihr Lorbeerkränze zu flechten: "Sie war eine beeindruckende Kandidatin, sie war eine herausragende Außenministerin, sie ist meine Freundin." Dabei hat Clinton gerade einiges getan, um sich von ihm zu distanzieren. Dass sie in Syrien früh für eine Bewaffnung moderater Rebellen plädierte, während der Staatschef zögerte, hat sie längst an die große Glocke gehängt. Vor schwierigen Tagen im Verhältnis zu Wladimir Putin habe sie schon gewarnt, schrieb sie in "Hard Choices", als "nicht jeder im Weißen Haus meine relativ harte Analyse teilte". Das atomare Rahmenabkommen mit dem Iran, von Obamas Riege gefeiert, bedenkt sie mit verhaltenem Applaus. Kurz gesagt, unter linken Demokraten gibt es Stimmen, die sie dem Lager der Hardliner zurechnen.

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