Druck gegen Israels Siedlungspolitik wächst

Jerusalem · Die umstrittene Erklärung der EU-Außenminister zum israelisch-palästinensischen Konflikt ist in Israel auf scharfe Kritik gestoßen. In dem Dokument zeigt sich die EU besorgt über die wachsende Gewalt von beiden Seiten.

Es hagelt förmlich internationale Kritik gegen Israel und die Siedlungspolitik. Die Außenminister der EU erhärteten am Montagabend die Verpflichtung der Union, "sämtliche Abkommen zwischen dem Staat Israel und der EU" nicht für Israelis in den besetzten Palästinensergebieten gelten zu lassen. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) knüpfte gestern an die EU-Entscheidung vom letzten November zur Kennzeichnung von Siedlungsprodukten an und appellierte an Firmen, keine Geschäftsbeziehungen zu Siedlungen zu unterhalten.

In dem Bericht von HRW über die Mitschuld internationaler Unternehmen an den Menschenrechtsverletzungen in den Palästinensergebieten, heißt es, dass Geschäftsbeziehungen mit den Siedlungen unweigerlich die Politik Israels, durch die Palästinenser enteignet und massiv diskriminiert werden unterstütze. Bereits am Vortag hatte Dan Shapiro, US-Botschafter in Tel Aviv, scharfe Kritik am israelischen Rechtssystem im Westjordanland verlauten lassen. Zu oft bleibe Gewalt von Juden unbestraft, meinte Shapiro.

Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu wehrte sich gegen die "Doppelmoral", mit der Israel für den Kampf um die Sicherheit der israelischen Staatsbürger im Ausland verurteilt werde. Netanjahu warnte die EU vor ungerechter und einseitiger Kritik , die der Union "nicht helfen wird, Partner in den Diskussionen über den Nahen Osten zu sein".

Dementgegen begrüßte Saib Erikat, Generaldirektor der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO ), die Resolution aus Brüssel. "Obschon wir glauben, dass Europa sofortige Maßnahmen einleiten sollte", so heißt es in Erikats gestriger Erklärung, "ist die Ratsentscheidung über den nahöstlichen Friedensprozess eine Botschaft an die israelische Regierung". Niemand werde "ein Apartheidsregime in Palästina" anerkennen.

Doch anstatt die Kritik konstruktiv umzusetzen, schottet sich Israel ab. Als unerwünschte Person gilt Schwedens Außenministerin Margot Wallström, seit sie in der vergangenen Woche das Niederschießen palästinensischer Terroristen als "außergerichtliche Exekutionen" bezeichnete.

Die Geduld des Westens scheint angesichts der seit Ende September mehreren Dutzend erschossenen Palästinenser und angesichts der Eiszeit im Friedensprozess ausgereizt zu sein. Die EU-Resolution richtet sich gezielt gegen die vor allem von Israels rechtsnationalen Politikern vorangetriebene Strategie einer Verwischung der Grenze zwischen Israel und dem besetzten Gebiet. "Die Realisierbarkeit der Zweistaatenlösung", so heißt es in der Resolution, "wird permanent durch die Schaffung neuer Fakten untergraben". Mit einem Kraftakt in letzter Minute hatte Netanjahu noch versucht, die Resolution zu unterbinden. Der Regierungschef nahm offenbar persönlich Kontakt zu den Außenministern von fünf EU-Staaten auf. Auf die Einwände von Griechenland, Ungarn und Polen ist zurückzuführen, dass die EU-Resolution nicht so scharf formuliert war, wie geplant.

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