Dokumente belegen Schnüffelei

Berlin/London · Wie weitreichend ist der Zugriff der Geheimdienste auf Internetdaten? Edward Snowden behauptete von Anfang an, er habe fast unbegrenzt zugreifen können. Weitere Dokumente sollen diese These bekräftigen.

Ein neues Dokument des Informanten Edward Snowden untermauert den Vorwurf, dass der US-Geheimdienst NSA praktisch unbegrenzten Zugriff auf Internetdaten der Menschen weltweit habe. Die britische Tageszeitung "The Guardian" veröffentlichte gestern eine NSA-Präsentation, laut der Mitarbeiter über ein Programm namens "XKeyscore" Zugriff auf gewaltige Datenmengen haben. Der "Spiegel" hatte bereits Mitte Juli berichtet, dass auch deutsche Nachrichtendienste "XKeyscore" einsetzten. Das Nachrichtenmagazin berief sich dabei ebenfalls auf Unterlagen von Snowden. Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, bestätigte daraufhin, seine Behörde verwende "XKeyscore" testweise. Das Bundesamt erhebe damit aber weder Daten in Deutschland noch erhalte es Daten aus den USA.

Jedenfalls können Geheimdienstmitarbeiter dem jüngst veröffentlichten Dokument zufolge (es stammt aus dem Jahr 2008) in den "enormen Datenbanken" der NSA nach Namen, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und Schlagworten suchen. Ein Beispiel aus den Unterlagen zeigt eine Suchanfrage nach Unterhaltungen eines Nutzers im Online-Netzwerk Facebook. Für die einzelnen Anfragen bräuchten die Geheimdienstler keine gesonderte Zustimmung eines Richters oder eines anderen NSA-Mitarbeiters, schreibt der "Guardian", der die Schriftsätze komplett ins Netz stellte.

Einer weiteren Präsentation zufolge könne der US-Geheimdienst auf "fast alles, das ein typischer Nutzer im Internet tut" zugreifen - E-Mails, Suchanfragen und Verbindungsdaten. Der Einsatz des System habe bis 2008 zur Ergreifung von 300 Terroristen geführt, heißt es.

Snowden, der als Angestellter einer anderen Firma bei der NSA im Einsatz war, hatte bereits Anfang Juni in seinem ersten Interview behauptet, er habe praktisch jeden Internetnutzer belauschen können. "Ich an meinem Schreibtisch hatte die Berechtigungen, jeden anzuzapfen - Sie, ihren Buchhalter, einen Bundesrichter oder den Präsidenten, wenn ich eine private E-Mail-Adresse hätte", sagte er. Diese Möglichkeiten waren von US-Offiziellen dementiert worden.

Auch die Beobachtung der Internetaktivität einzelner Menschen in Echtzeit sei mit "XKeyscore" möglich, berichtet jetzt der "Guardian". Unter anderem könne man die IP-Adresse jedes Besuchers einer bestimmten Website erfassen. "XKeyscore" sammele Unmengen von Daten. Inhalte der Kommunikation würden für drei bis fünf Tage gespeichert, Verbindungsdaten für 30 Tage. Innerhalb eines solchen 30-Tage-Zeitraums im Jahr 2012 seien 41 Milliarden Datenpunkte zusammengekommen.

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Auf einen BlickDer Vater des von den USA gejagten Ex-Geheimdienstlers Edward Snowden rät seinem Sohn aus Sicherheitsgründen zum weiteren Aufenthalt in Russland. Zudem dankte Lon Snowden dem Kremlchef Wladimir Putin dafür, seinem Sohn Schutz vor den US-Behörden zu gewähren. Russland zeige Stärke gegenüber den USA, sagte der Vater weiter. Und er sei stolz auf seinen Sohn, betonte Snowden.Der 30 Jahre alte IT-Experte Edward Snowden, der den US-Ausspäh- und Datenskandal enthüllt hatte, hält sich seit dem 23. Juni im Transitbereich eines Moskauer Flughafen auf. dpa

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