Islam Türkischer Verband sagt „Nein“ zur Demo gegen Islamismus

Köln/Berlin · Tausende Muslime wollen am Samstag bei einem Friedensmarsch in Köln ein Zeichen gegen islamistischen Terror setzen – aber ein Verband weigert sich.

 In der Moschee der Türkisch-Islamischen Union Ditib in Köln kommen regelmäßig Muslime zusammen.

In der Moschee der Türkisch-Islamischen Union Ditib in Köln kommen regelmäßig Muslime zusammen.

Foto: dpa/Marius Becker

() Vor der an diesem Samstag geplanten Demonstration von Muslimen gegen islamistischen Terrorismus hagelt es Kritik an der Türkisch-Islamischen Union (Ditib). Dass der größte Islam-Dachverband in Deutschland nicht an der Kundgebung in Köln teilnehmen wolle, sei „einfach schade“, ließ Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Freitag über ihren Sprecher ausrichten. Die Ditib untersteht der türkischen Religionsbehörde in Ankara. Kritiker werfen dem Dachverband vor, Sprachrohr des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zu sein.

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hätte sich nach eigenen Worten die Beteiligung aller muslimischen Verbände gewünscht. Die geplante Demonstration sei ein „wichtiges Zeichen von Muslimen in die Gesellschaft hinein, dass sie mit dem Terror und dem Missbrauch ihrer Religion durch die Terroristen nichts zu tun haben“, sagte er in Berlin.

Bei dem Friedensmarsch unter dem Motto „Nicht mit uns“ wollen Muslime aus ganz Deutschland durch die Kölner Innenstadt ziehen. Die Veranstalter haben bis zu 10 000 Teilnehmer bei der Polizei angemeldet. Dutzende Gruppierungen unterstützen die Aktion, darunter Parteien, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände und kirchliche Gruppen. Unter den mehr als 300 Einzelpersonen, die den Aufruf unterzeichnet haben, sind Politiker, Künstler und Wissenschaftler.

Die Türkisch-Islamische Union Ditib begründete ihre Absage unter anderem damit, dass es fastenden Muslimen nicht zumutbar sei, „stundenlang in der prallen Mittagssonne bei 25 Grad zu marschieren und zu demonstrieren“. Generell stellte der Verband fest: „Forderungen nach „muslimischen“ Anti-Terror-Demos greifen zu kurz, stigmatisieren die Muslime und verengen den internationalen Terrorismus auf sie, ihre Gemeinden und Moscheen.“ Wie der Ditib-Landesverband im Saarland zu der viel kritisierten Absage steht, war am Freitag nicht zu erfahren. Eine SZ-Anfrage blieb bis zum Redaktionsschluss unbeantwortet.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe, Ditib drohe nun vollends, ihre Glaubwürdigkeit zu verspielen. Auch der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken (ZdK), Thomas Sternberg, sieht in der Absage ein verheerendes Zeichen: „Dass sich die Ditib mit diesem Verhalten weiter isoliert, sehen wir mit sehr großen Sorgen.“ Es müsse allen Muslimen daran gelegen sein, gemeinsam mit anderen öffentlich ein Zeichen „gegen die Pervertierung und Instrumentalisierung des Islams“ zu setzen.

Der Grünen-Vorsitzende Cem Özdemir nannte die Begründung der Ditib-Absage in der „Berliner Zeitung“ „mehr als fadenscheinig“. Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) sprach sich dafür aus, künftig einen verstärkten Dialog mit nicht-religiösen Migrantenverbänden zu führen. Die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor, Mit-Initiatorin der Demonstration, sagte dem jungen „Spiegel“-Portal „Bento“, der Ditib-Vorstand habe eine große Chance vertan „und letztlich auch Wasser auf die Mühlen von Islamhassern geschüttet. Wir wenden uns daher jetzt mit unserem Aufruf an jeden einzelnen Anhänger der Ditib, selbst Verantwortung zu übernehmen.“

Auch der Zentralrat der Muslime in Deutschland (ZMD) hat seinen Aufruf zur Teilnahme an der Großkundgebung am Samstag gegen Terror bekräftigt. „Wir rufen alle auf, sich rege zu beteiligen“, erklärte der ZMD-Vorsitzende Aiman Mazyek gestern in Köln und verwies auch auf eine für den 23. Juni angekündigte Demonstration in Berlin. „Erhebt eure Stimmen und kommt mit uns auf die Straßen gegen Extremismus und Gewalt.“ Die Polizei rechnet mit einem friedlichen Verlauf der Demonstration. In der Kölner Innenstadt sei am Samstag mit Verkehrsbeeinträchtigungen zu rechnen. Besucher sollten nach Möglichkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen.

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