PIN-Report Zahl der Verkehrstoten sinkt zu langsam

Saarbrücken/Brüssel · Deutschland ist bei den Fortschritten zur innerstädtischen Verkehrssicherheit schlechter als der EU-Schnitt.

 Die Gesamtzahl der Verkehrstoten in Deutschland lag 2018 bei 3270.

Die Gesamtzahl der Verkehrstoten in Deutschland lag 2018 bei 3270.

Foto: dpa/Jens Büttner

Deutschland zählt zu den Ländern mit den wenigsten tödlichen Unfällen im innerstädtischen Verkehr. Aber es gibt noch Luft nach oben. Denn die Fortschritte zur Verbesserung der Verkehrssicherheit sind in Deutschland im Vergleich zu anderen europäischen Ländern noch geringer. Das ergab der PIN-Report, eine Studie des Europäischen Transportsicherheitsrates. Während in Europa die Zahl der Verkehrstoten in Städten zwischen 2010 und 2017 um durchschnittlich 2,2 Prozent im Jahr sank, lag dieser Wert in Deutschland nur bei 1,2 Prozent. Immerhin: In Deutschland nahm die Zahl der innerstädtisch getöteten Verkehrsteilnehmer von 1011 im Jahr 2010 auf 976 im Jahr 2017 ab.

Die Gesamtzahl der Verkehrstoten in Deutschland lag 2018 bei 3270. Im Saarland waren es im vergangenen Jahr 35 Verkehrstote. Das Thema Verkehrssicherheit stehe auf der Prioritätenliste ganz oben, hieß es gestern auf SZ-Anfrage aus dem Verkehrsministerium.

In Deutschland sterben weniger als 20 Personen von einer Millionen Stadtbewohnern im Jahr bei Verkehrsunfällen. Der EU-Schnitt liegt bei 26. In Schweden – EU-Spitzenreiter in Sachen Verkehrssicherheit – liegt der Wert etwa bei 10, in Rumänien dagegen bei über 100 – absolutes Schlusslicht.

30 Prozent der Verkehrstoten sind bei Unfällen in Deutschland innerorts zu beklagen, 57 Prozent auf Landstraßen und zwölf Prozent auf Autobahnen. In Zypern und Rumänien gehen dagegen zwischen 60 und 70 Prozent der Verkehrstoten auf das Konto von Unfällen innerorts. Auf innerstädtischen Straßen sind europaweit die Erfolge im Kampf gegen tödliche Verkehrsunfälle deutlich geringer als auf Landstraßen und Autobahnen. So sank laut PIN-Report die Zahl der tödlichen Unfälle auf innerstädtischen Straßen in der EU und einigen anderen Ländern zwischen 2010 und 2017 insgesamt nur um 14 Prozent. Im Vergleich dazu sank die Zahl der Verkehrstoten auf Autobahnen mit 16 Prozent und auf Landstraßen mit 24 Prozent deutlich schneller. Innerorts gehen die tödlichen Verkehrsunfälle vor allem zu Lasten der schwachen Verkehrsteilnehmer: Von den EU-weit 9500 Verkehrstoten bei Unfällen im Jahr 2017 waren über zwei Drittel Fußgänger (39 Prozent), Motorrad- und Mopedfahrer (19) sowie Radfahrer (12). 30 Prozent der Getöteten waren Autofahrer.

Der Autor des Reports, Dovile Adminaite-Fodor, appelliert an die Kommunen: „Völlig zu Recht konzentrieren sich viele Städte darauf, die Luftqualität zu verbessern und den Privat-Gebrauch des PKW einzudämmen. Doch dies muss einhergehen mit Maßnahmen, die dafür sorgen, dass mehr Radfahrer und Fußgänger auch in einer sichereren Umgebung unterwegs sein können.“ Welchen Einfluss der Trend zu Elektrorädern und E-Rollern auf das Unfallgeschehen in den Städten hat, sei derzeit noch nicht absehbar.

Die EU hat sich vorgenommen, die Zahl der Verkehrstoten von 2010 bis 2020 um 50 Prozent zu senken. Die Autoren der Studie verlangen drastische Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit in den Städten: Zentral sei die Senkung der Geschwindigkeiten im innerstädtischen Verkehr. Kontrollen hätten ergeben, dass 35 bis 75 Prozent der Fahrzeuge schneller unterwegs seien als die erlaubten 50 Kilometer pro Stunde. Kontrollen und Strafen müssten verschärft werden. Zudem wird eine Ausweitung der Tempo-30-Zonen in Wohngebieten verlangt. Technische Assistenzsysteme zur Notbremsung bei drohenden Kollisionen von Lastwagen mit Radfahrern und Fußgängern müssten Pflicht werden. Außerdem sollte es abgetrennte Fahrradspuren an allen innerstädtischen Straßen geben, auf denen Pkw und Lkw 50 Kilometer pro Stunde fahren dürfen.

Der Report listet auch Beispiele von Städten auf, die erfolgreiche Maßnahmen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit ergriffen haben. In Köln habe man gute Erfahrungen damit gemacht, auf einer von Fußgängern und Radfahrern belebten Straße Tempo 20 zu verordnen. Außerdem sei Radfahrern die Benutzung in beiden Richtungen gestattet worden. Dadurch habe sich das Tempo des Autoverkehrs deutlich reduziert.

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