"Die Türen sind auf"

Saarbrücken. Die Aussage, dass die evangelische Kirche früher politischer war als heute, will Katrin Göring-Eckardt so nicht stehen lassen. Als Präses der Evangelischen Synode in Deutschland räumt sie aber ein, "dass es heutzutage unter den Mitgliedern ein höheres Bedürfnis nach Spiritualität gibt, das wir ernst nehmen wollen"

 Katrin Göring-Eckardt, Präses der Evangelischen Synode, im SZ-Gespräch. Foto: Robby Lorenz

Katrin Göring-Eckardt, Präses der Evangelischen Synode, im SZ-Gespräch. Foto: Robby Lorenz

Saarbrücken. Die Aussage, dass die evangelische Kirche früher politischer war als heute, will Katrin Göring-Eckardt so nicht stehen lassen. Als Präses der Evangelischen Synode in Deutschland räumt sie aber ein, "dass es heutzutage unter den Mitgliedern ein höheres Bedürfnis nach Spiritualität gibt, das wir ernst nehmen wollen". Ein Bedürfnis, das sicherlich auch der immer hektischeren Lebenswelt geschuldet ist.Bei Göring-Eckardt selbst ist von Hektik keine Spur. Geduldig, gelassen und zuweilen heiter erklärt sie, was Kirche aus ihrer Sicht heute bedeutet. Da antwortet jemand, der offensichtlich sehr in sich ruht und das bei aller Verantwortung. Seit 2005 ist die Grünen-Politikerin Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, seit 2005 Präses.

 Katrin Göring-Eckardt, Präses der Evangelischen Synode, im Gespräch. Foto: Robby Lorenz

Katrin Göring-Eckardt, Präses der Evangelischen Synode, im Gespräch. Foto: Robby Lorenz

Das Leben allgemein verändere sich, gerade im ländlichen Raum, was auch das kirchliche Leben beeinflusse, sagt Göring-Eckardt. "Die großen Feiertage und die berühmten Lebensstationen spielen heute eine größere Rolle als Regelmäßigkeit", sagt die 45-Jährigen. "Situativen" Gemeinden komme daher mehr Bedeutung zu. Beiden großen Kirchen in Deutschland gemeinsam ist die nicht unerhebliche Zahl von Kirchenaustritten. Nach dem Bekanntwerden zahlreicher Missbrauchsfälle in kirchlichen Einrichtungen leidet darunter gerade die katholische Kirche. 2010 erreichte die Zahl der Austritte mit 180 000 ein Rekord-Niveau. Aber auch bei den Protestanten verließen immerhin rund 145 000 Mitglieder die Kirche. Warum? "Wir stellen fest, dass die Austritte zunehmen, wenn es eine Steuererhöhung gibt. Damit steigt ja auch die Kirchensteuer", sagt Göring-Eckardt. Die Ökumene von Protestanten und Katholiken in Deutschland sieht sie insgesamt auf einem guten Weg. So hält sich ihre Enttäuschung nach dem Besuch von Papst Benedikt XVI. im vergangenen Jahr in Deutschland auch in Grenzen. "Als Evangelische habe ich vom Papst nicht viel Entgegenkommen erwartet, und er wird mich auch nicht davon abbringen, ökumenisch zu denken und Dinge vorantreiben zu wollen. Ich fand allerdings ganz interessant, dass er nicht gesagt hat: Darüber können wir auf keinen Fall reden. Er hat sich in Erfurt, wo ja die ökumenische Begegnung war, alles angehört, was wir gesagt haben. Wir haben alles angesprochen, worum es bei der Ökumene geht. Und Papst Benedikt hat sich hinterher dafür bedankt, dass wir alles angesprochen haben. Insofern sind die Türen auf." Ökumene sollte aber nicht auf den kleinsten gemeinsamen Nenner reduziert werden. Besonders mit Blick auf das Reformationsjubiläumsjahr 2017 will sie diesen Prozess weiter vorantreiben. Lob verteilt sie an ihre Ansprechpartner auf katholischer Seite. Im sogenannten Kontaktgesprächskreis, wo zum Beispiel die katholischen Bischöfe Robert Zollitsch und Karl Lehmann vertreten sind, arbeite man sehr offen und sehr vertrauensvoll zusammen. Auch die Zusammenarbeit von Evangelischem Kirchentag und Evangelischer Synode mit dem Zentralkomitee der Deutschen Katholiken funktioniere sehr gut, betont Göring-Eckardt.

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