Die Spur weist Richtung Al Qaida

Berlin/Sanaa · Tod eines Leibwächters: Im Jemen wird ein Sicherheitsbeamter der deutschen Botschaft erschossen. Jetzt wird gerätselt, wer hinter dem Überfall steckt. Der erste Verdacht weist in Richtung Al Qaida.

Der "Jandool"-Supermarkt gehört zu den Orten, wo sich in Sanaa die Ausländer treffen, die schon länger da sind. Hier kriegt man Dinge, die man in Jemens Hauptstadt sonst nur mit Mühe bekommt. Für Polizeioberkommissar Mirko K. wurde der nachmittägliche Ausflug zum Verhängnis. Der 39-Jährige, der dort mit Kollegen unterwegs war, wurde vor dem Eingang erschossen. Von drei unbekannten Männer, die in einem schwarzen Auto angefahren kamen, das Feuer eröffneten und dann sofort wieder verschwanden. K. blieb liegen, getroffen von vier tödlichen Kugeln. Die anderen Deutschen kamen unverletzt davon.

Jetzt wird gerätselt, wer hinter der Tat steckt. Der erste Verdacht richtet sich in solchen Fällen üblicherweise gegen die Terrororganisation Al Qaida. Deren Filiale "Al Qaida auf der Arabischen Halbinsel" (AQAP) wird von westlichen Geheimdiensten als einer der gefährlichsten Ableger des Terrornetzes weltweit eingeschätzt.

Recht schnell wurde von arabischen Medien dann auch die Vermutung geäußert, dass der Überfall eigentlich gar nicht dem Bundespolizisten galt, sondern der Frau, die er zu schützen hat: Deutschlands neuer Botschafterin im Jemen, Carola Müller-Holtkemper. Die 57-Jährige ist erst seit wenigen Tagen auf Posten in Sanaa. Fast ebenso schnell konnte die Vermutung allerdings entkräftet werden: Müller-Holtkemper war am Sonntag weder im Supermarkt dabei noch überhaupt im Jemen. Nach Zeitungsberichten hielt sie sich am Wochenende in Dubai auf.

Außer der Al-Qaida-Spur gibt es aber auch andere Spekulationen. Im Jemen sind viele Gruppen aktiv. Die Trennung zwischen Terroristen mit politischer Motivation und gewöhnlichen Kriminellen fällt in dem Krisenstaat schwer. Auch das ein Grund, weshalb Deutschland nun eigene Ermittler nach Sanaa schickt. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) kündigte an: "Ein Team von deutschen Experten wird die Aufklärung in Sanaa vor Ort unterstützen." Das hat seinen Grund aber auch darin, dass man vom Aufklärungswillen der jemenitischen Behörden nicht hundertprozentig überzeugt ist. Umso größer ist die Hoffnung, dass die deutschen Ermittler mehr herausfinden - zumal es um einen Kollegen geht. Mirko K. war schon seit mehreren Monaten in Sanaa auf Posten. Der 39-jährige gehört zu der Bundespolizei-Sondereinheit PSA (Personenschutz im Ausland), die für den persönlichen Schutz von deutschen Botschaftern und Konsuln zuständig ist. Etwas mehr als 80 Frauen und Männer zählt die Einheit insgesamt. Im Einsatz sind die Leute zum Beispiel auch in anderen Krisengebieten wie Afghanistan, Libyen, Irak oder Kolumbien.

"Das ist eine kleine Organisation von sehr gut trainierten und ausgebildeten Leuten", sagt Jürgen Stark von der Gewerkschaft der Polizei. "Man braucht dazu auch einige Jahre Erfahrung." Freiwillige gibt es genug. Die Auslandsposten sind für viele eine willkommene Abwechslung. Zudem wird ein Gefahrenzuschlag gezahlt. Daneben gibt es noch einen "Haus- und Ordnungsdienst" der Bundespolizei, die sich um den Objektschutz von Botschaften kümmert, mit etwa 250 Beamten. Mit privaten Sicherheitsdiensten arbeiten die deutschen Auslandsvertretungen nur im Ausnahmefall zusammen - beispielsweise, wenn ein Minister zu Besuch kommt.

Botschafterin Müller-Holtkemper war gestern wieder auf ihrem Posten. Die Sicherheitsvorkehrungen wurden noch einmal verschärft.