"Die rot-grüne Zeit war viel besser"

Sie sitzen seit zwei Jahren in den hinteren Reihen des Parlaments. Das nervt, oder?Müntefering: Nein. Ich sitz' da gut. Ich bin auch an vielen Dingen in der Fraktion nach wie vor beteiligt. Aber es ist gut, jetzt wieder ein bisschen mehr Zeit für sich selbst und das eigene Leben zu haben.Opposition ist aber Mist. Das stammt von Ihnen

Sie sitzen seit zwei Jahren in den hinteren Reihen des Parlaments. Das nervt, oder?Müntefering: Nein. Ich sitz' da gut. Ich bin auch an vielen Dingen in der Fraktion nach wie vor beteiligt. Aber es ist gut, jetzt wieder ein bisschen mehr Zeit für sich selbst und das eigene Leben zu haben.

Opposition ist aber Mist. Das stammt von Ihnen.

Müntefering: Opposition ist ja kein neues Erlebnis für mich. Als wir 1982/83 aus der Regierung fielen, habe ich diese Erfahrung auch schon gemacht. Aber wahr ist, wenn man regiert, kann man mehr für die Menschen tun.

Es gibt Altvordere, die sich lautstark einmischen. Helmut Schmidt ist dafür wohl das beste Beispiel. Wieso halten Sie sich so zurück?

Müntefering: Das mache ich ganz gezielt. Es ist Unsinn, wenn man aus Funktionen ausscheidet und gleich Ratschläge gibt. Das klingt anders, als wenn das jemand tut, der schon 20 oder 30 Jahre raus ist. Wenn ich mal 93 bin, kann ich aber nicht mehr versprechen, dass ich mich noch raushalte.

Warum kümmern Sie sich in der SPD-Fraktion ausgerechnet um den demografischen Wandel?

Müntefering: Das ist eine wichtige gesellschaftliche Veränderung, die wir gerade erleben in Deutschland. Kinder, die nicht geboren werden, werden nie Kinder haben. Das ist ganz einfach. Politik ist klug und auch nur gut, wenn sie das Miteinander der Generationen neu organisiert. Dabei will ich mithelfen.

Hat die SPD in ihrer Regierungszeit zu wenig auf das Problem reagiert?

Müntefering: Die Rentenreformen, die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf, mehr Kita- und Krippenplätze, das sind die Dinge gewesen, die wir aus der Entwicklung abgeleitet haben. Mir ist wichtig, dass wir auch begreifen, dass unsere Kommunen gestärkt werden müssen für die alternde Gesellschaft. Die soziale Gesellschaft vor Ort wird noch wichtiger. Dafür brauchen wir eine neue Strategie. An der arbeite ich mit.

Die Rente mit 67 war eine Reaktion auf den demografischen Wandel. Bedauern Sie, dass ihre Partei sich davon distanziert?

Müntefering: Das war eine wirklich zielführende Entscheidung, die wir damals getroffen haben. Ich bedauere, dass meine Partei, aber auch die Gewerkschaften und die Unternehmen damit nicht offensiver und positiver umgehen. Das ist falsch.

Eine Art Wandel erleben wir auch in der Parteienlandschaft. Wie bewerten Sie das Phänomen der Piraten?

Müntefering: Unbefangen, und ich verfolge mit Interesse, was sie tun. Ich bin mir aber nicht sicher, ob die Piraten in absehbarer Zeit Verantwortung für das Ganze tragen können. So wie die Volksparteien.

Haben Sie Mitleid mit Kanzlerin Angela Merkel, wenn Sie den Zustand der schwarz-gelben Koalition sehen?

Müntefering: Nein, habe ich nicht. Der Zustand der schwarz-gelben Koalition ist selbst verschuldet. Mit Frau Merkel weiß man nicht, wo man landet. Die rot-grüne Zeit war viel besser. Auch die große Koalition war besser, wenn man sie mit dem vergleicht, was wir derzeit erleben.

Sehnsucht?

Müntefering: Nur nach Rot-Grün.

Was fällt Ihnen zur FDP ein?

Müntefering: (betretenes Schweigen) Das war es für die FDP.

Foto: Hollemann/dpa

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