„Die Migration läuft falsch“

Frankfurt · Der Präsident des Ifo-Instituts hat einer Studie der Bertelsmann-Stiftung widersprochen, wonach Einwanderung dem deutschen Staat mehr einbringt, als sie kostet. In der Nettobilanz verursache Einwanderung dem Staat mehr Kosten.

Der Präsident des Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, wirft der Politik in der Zuwanderungsfrage schwere Versäumnisse vor. "So wie die Migration derzeit läuft, läuft sie falsch", schreibt Sinn in einem Gastbeitrag in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Der Sozialstaat wirke wie ein Magnet auf unqualifizierte Migranten , kritisierte der bekannte Wirtschaftswissenschaftler.

Deutschland sei nach den USA das zweitgrößte Ziel von Einwanderern, sagte Sinn. Doch liege es in Hinblick auf die Qualifikation auf einem der letzten Plätze der Statistik. Dies führe dazu, dass die bisherige Migration eine große Belastung für die Staats- und Sozialkassen bedeute. In der Nettobilanz verursache sie dem deutschen Staat mehr Kosten durch Sozialleistungen und andere Ausgaben als sie Einnahmen durch Steuern und Sozialbeiträge bringe.

Nach einer neuen Berechnung des Ifo-Instituts kommt Sinn auf eine "fiskalische Nettobilanz je Migrant von minus 1800 Euro im Jahr". So viel koste ein Migrant im Durchschnitt mehr als er einbringe. Die Experten des Ifo-Instituts stützten sich dabei Sinn zufolge auf eine aktuelle Bertelsmann-Studie, welche sie aber um nicht berücksichtigte Ausgaben ergänzten.

Der Präsident des Ifo-Instituts sprach sich für eine "ideologiefreie und nicht vom Streben nach politischer Korrektheit getriebene Debatte über die Migrationspolitik" aus. Bedürftige EU-Zuwanderer sollten künftig nur noch Sozialleistungen ihres Heimatlandes, nicht des Gastlandes in Anspruch nehmen können. Außerdem müsse Deutschland die Nicht-EU-Zuwanderung besser steuern und auswählen. Dazu ließe sich ein Punktesystem einführen, das nach der beruflichen Qualifikation, Alter, Gesundheit, Sprachkompetenz und Vermögen auswähle.

Zugleich warnte Sinn die Deutschen vor dramatischen Verwerfungen durch den Geburtenschwund. "Wollte man die Relation von Alten und Jungen und damit zugleich das relative Rentenniveau und die Beitragssätze zur Rentenversicherung auf dem heutigen Niveau stabilisieren, würden insgesamt 32 Millionen junge Zuwanderer benötigt, die meisten davon wohl aus außereuropäischen Gebieten", schreibt Sinn. Es sei aber schwer vorstellbar, dass die deutsche Gesellschaft die nötige Assimilationskraft und Toleranz für eine solche Massenzuwanderung aufbringe.

Schon jetzt sei die Bereitschaft der Bevölkerung etwa zur Aufnahme von Flüchtlingen begrenzt, wie Pegida und andere Protestbewegungen zeigten, warnte der Ifo-Ökonom. Deshalb sei eine aktive Bevölkerungspolitik vonnöten, damit die Kinderzahl wieder steige. Es bräuchte "eine fundamentale und radikale Änderung der verzerrenden Anreizstrukturen im Steuer- und Rentenrecht zugunsten von Familien mit Kindern".

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