"Die Linke kann Gauck nicht mitwählen"

Die Beteiligung an den ersten Protestdemonstrationen gegen das Sparpaket war geringer als erwartet. Woran liegt das? Lafontaine: Die Erfahrung lehrt: Erst wenn die Leute im Geldbeutel spüren, was passiert, wächst der Widerstand. Außerdem gibt es eine gewisse Resignation. Die Bevölkerung hat immer wieder erfahren müssen, dass nur die sozial Schwächeren zur Kasse gebeten werden

Die Beteiligung an den ersten Protestdemonstrationen gegen das Sparpaket war geringer als erwartet. Woran liegt das?Lafontaine: Die Erfahrung lehrt: Erst wenn die Leute im Geldbeutel spüren, was passiert, wächst der Widerstand. Außerdem gibt es eine gewisse Resignation. Die Bevölkerung hat immer wieder erfahren müssen, dass nur die sozial Schwächeren zur Kasse gebeten werden.

Auch die SPD macht gegen das Sparpaket mobil. Findet hier eine Wiederannäherung zwischen Linker und SPD statt?

Lafontaine: Reden und Handeln stimmen bei der SPD nicht überein. Das sieht man auch an ihrem Vorschlag für das Amt des Bundespräsidenten. Herr Gauck hat die Hartz-IV-Reformen und den Afghanistan-Krieg gerade wieder gerechtfertigt. Er kann nicht für die Mehrheit der Deutschen sprechen.

In drei Westländern ist eine rot-rot-grüne Koalition gescheitert, obwohl sie rechnerisch möglich wäre. Wurmt sie das?

Lafontaine: Von den Programmen her hat Rot-Rot-Grün die größten Schnittmengen. Aber die Grünen bewegen sich neuerdings in Richtung bürgerliches Lager, und die SPD weiß weiterhin nicht, wo sie hin will.

Hannelore Kraft strebt den Politikwechsel in Nordrhein-Westfalen zunächst aus dem Parlament heraus an. Ministerpräsident Rüttgers bleibt im Amt. Was sagen Sie dazu?

Lafontaine: Das macht die SPD unglaubwürdig. Damit hat Merkel für ihren Sozialabbau im Bundesrat weiterhin eine Mehrheit. Frau Kraft handelt verantwortungslos.

Wie könnte es in Nordrhein-Westfalen jetzt weitergehen?

Lafontaine: Frau Kraft sollte die Programme nebeneinander legen. Dann würde sie schnell erkennen, dass es eine Mehrheit für eine soziale Politik in Nordrhein-Westfalen gibt. Sie müsste außerdem ihre kindische Vorstellung aufgeben, dass die Linke vor einem Regierungsbündnis zunächst einen Demokratietest absolvieren muss.

Macht es nicht auch die Linke unglaubwürdig, wenn sie bei der Präsidentenwahl nicht die Chance nutzt, Schwarz-Gelb eine Niederlage beizubringen?

Lafontaine: Dann würden wir denen einen Sieg gönnen, die den Afghanistan-Krieg und Hartz IV befürworten. Einen solchen Präsidenten kann die Linke nicht mitwählen.

Abgrenzung von der SPD ist Ihnen also wichtiger als ein Sieg über Schwarz-Gelb?

Lafontaine: Nein, uns ist am wichtigsten die Absage an den Krieg in Afghanistan und an die unsozialen Arbeitsmarktreformen. Das ist für uns nicht verhandelbar.

Sie werden ihre Kandidatin, Frau Jochimsen, also auch nicht im zweiten oder dritten Wahlgang zurückziehen, falls es dazu kommt?

Lafontaine: Das läuft auch auf die Frage hinaus, ob wir Herrn Gauck im zweiten oder dritten Wahlgang unterstützen. Nein, das werden wir definitiv nicht. Und Frau Jochimsen ist die einzige Kandidatin, die Schirmherrin für die sozial Schwachen sein will.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort