Die AfD sucht einen Retter
Berlin · Wie kommt die AfD aus der Führungskrise? Einer der beiden Oberstreithähne hat nun vorgeschlagen, ein Dritter solle die Partei führen. Die Basis ist auf jeden Fall inzwischen entnervt vom Dauerkonflikt.
Im Machtkampf an der Spitze der "Alternative für Deutschland " mehren sich die Rufe nach einem Rückzug beider Kontrahenten. Während Parteigründer Bernd Lucke dazu unter der Bedingung bereit ist, dass auch seine Gegnerin Frauke Petry verzichtet, gibt es von der sächsischen Landeschefin bisher keine Entscheidung. Als Übergangsvorsitzender stünde nach SZ-Informationen der Europaabgeordnete Joachim Starbatty (75) bereit.
Lucke plädierte in der "Zeit" dafür, dass ein dritter Kandidat, der das Vertrauen beider Seiten genieße, die Führung übernehmen solle. Er könne sich eine konkrete Person vorstellen, wolle derzeit aber keinen Namen nennen. Der 56-Jährige machte seinen Verzicht allerdings davon abhängig, dass sich auch Petry zurückzieht. Diese reagierte gestern auf Anfragen nicht. Für einen kompletten Neuanfang in der Führung hatten sich am letzten Wochenende sechs Landessprecher und weitere Teilnehmer bei einem Treffen in Würzburg ausgesprochen. Initiator André Wächter, Landeschef in Bayern, sagte der SZ: "Wir müssen eine Spaltung verhindern." Im Moment gehe es um eine "rein persönliche" Auseinandersetzung zwischen Lucke und Petry. Die inhaltliche Kluft in der Partei sei tatsächlich nicht so groß. Der sächsische Vertreter stimmte bei dem Treffen gegen den Beschluss, allerdings bekommt Petry nun auch Druck aus ihrem eigenen Landesverband. Der Dresdener OB-Kandidat der AfD, Stefan Vogel, beklagte in einem Brief, dass der Streit seinem Wahlkampf schade. Man brauche keine Führung, die die Partei spalte, sondern eine, die sie eine.
Nach Einschätzung von Vorstandsmitglied Konrad Adam gibt es inzwischen drei gleich große Lager. Neben dem Petry- und dem Lucke-Flügel gebe es einen Teil, der nur wolle, dass der Streit aufhöre. Dieses letzte Drittel werde auf dem Bundesparteitag am 13. Juni in Kassel den Ausschlag geben.
Immer häufiger wird intern Joachim Starbatty als möglicher Retter genannt. Er stünde dem Vernehmen nach jedoch nur für eine Übergangszeit von ein oder zwei Jahren zur Verfügung. Starbatty hielt sich gestern bedeckt. "Dazu sage ich nichts", antwortete er auf Anfrage. Allerdings gehört der Baden-Württemberger, der bisher flügelübergreifend anerkannt war, zu den Erstunterzeichnern eines Appells namens "Weckruf 2015", mit dem Lucke zuletzt die Auseinandersitzung zugespitzt hatte.
Der verbissene Streit beschäftigt die AfD inzwischen auf fast allen Ebenen und wird immer rücksichtloser geführt. So kippte der Bundesvorstand am Dienstag einen Beschluss des sächsischen Landesvorstandes, wonach sächsische AfD-Mitglieder, die sich dem "Weckruf 2015" angeschlossen haben, aus der AfD ausgeschlossen werden sollten. Im Europaparlament wurde Petry-Unterstützerin Beatrix von Storch ihres Amtes als Parlamentarische Geschäftsführerin enthoben und ihrem Kollegen Marcus Pretzell, ebenfalls ein Petry-Mann, die Teilnahme an den Sitzungen der siebenköpfigen Gruppe untersagt. Umgekehrt konnten Petrys Gefolgsleute einen Punktsieg erringen, indem sie eine von Lucke beim Parteitag in Bremen knapp durchgesetzte Satzungsänderung anfochten - wegen angeblicher Unkorrektheiten bei der Austeilung der Abstimmungsgeräte. Lucke wollte mit der neuen Satzung künftig nur noch einen Sprecher an der Spitze sehen - sich selbst. Nun empfahl das Parteischiedsgericht, die Abstimmung sicherheitshalber zu wiederholen.