Angebot an Italien Deutsches Signal für Menschen in Seenot

München · Die Bundesrepublik hat Italien ein Angebot gemacht: 25 Prozent der Flüchtlinge, die Italien aus dem Mittelmeer rettet, sollen nach Deutschland. Bundesinnenminister Horst Seehofer versichert: „Das wird unsere Migrationspolitik nicht überfordern.“

 Italien, Lampedusa: Migranten sitzen in einem Boot der italienischen Küstenwache, nachdem sie von Bord des Rettungsschiffs „Ocean Viking“ gingen. Die 82 geretteten Migranten dürfen in Italien an Land – Deutschland, Frankreich und Italien wollen je 24 von ihnen aufnehmen.

Italien, Lampedusa: Migranten sitzen in einem Boot der italienischen Küstenwache, nachdem sie von Bord des Rettungsschiffs „Ocean Viking“ gingen. Die 82 geretteten Migranten dürfen in Italien an Land – Deutschland, Frankreich und Italien wollen je 24 von ihnen aufnehmen.

Foto: dpa/Renata Brito

Eine Botschaft, die Wellen schlagen soll: Die Bundesregierung will künftig jeden vierten Flüchtling aufnehmen, der nach einer Seenotrettung in Italien an Land gegangen ist. „Wenn alles bleibt wie besprochen, können wir 25 Prozent der aus Seenot geretteten Menschen übernehmen, die vor Italien auftauchen“, sagte Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) der Süddeutschen Zeitung. „Das wird unsere Migrationspolitik nicht überfordern.“

Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, und die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl begrüßten die Zusage Seehofers.

Seehofer erklärte, eine ursprünglich von ihm angestrebte Regelung, wonach Flüchtlinge zunächst zu Ausschiffungsplattformen in Nordafrika gebracht werden sollten, um dort ihr Asylverfahren abzuwickeln, sei vorerst vom Tisch. „Dazu braucht es ein bis zwei Länder in Nordafrika, die das befürworten. Die gibt es nicht“, sagte der CSU-Mann.

Frankreich, Deutschland, Italien – unter seiner neuen Regierung – und Malta wollen sich beim Treffen der EU-Innenminister am 23. September in Malta auf eine vorläufige Quotenregelung zur Verteilung von Flüchtlingen in Europa einigen. Im Oktober soll der Vorschlag dem Europäischen Rat vorgelegt werden. „Die Erwartung ist, dass weitere Staaten sich anschließen“, sagte Seehofer.

Nach den Worten Bedford-Strohms kommt nun Bewegung in die Schaffung eines europäischen Verteilmechanismus für gerettete Flüchtlinge. Die Ankündigung Seehofers sei „ein großer Fortschritt und müsste die anderen europäischen Länder in einer ‚Koalition der Willigen‘ nun auf jeden Fall dazu bringen, Ähnliches zuzusagen“, schrieb der Ratsvorsitzende auf Facebook. „Dann kann die große Aufnahmebereitschaft, die so viele europäische Städte bereits offiziell erklärt haben, endlich abgerufen werden“, fügte Bedford-Strohm hinzu und sprach von einem „Schritt zu mehr Humanität im Mittelmeer“. Er schaue mit zuversichtlicher Spannung auf das Treffen am 23. September. Die EKD hatte jüngst angekündigt, künftig auch selbst mit einem Schiff in die Seenotrettung einzusteigen.

Pro-Asyl-Geschäftsführer Günter Burkhardt sagte dem RedaktionsNetzwerk Deutschland, es sei gut, dass Deutschland die Bereitschaft zeige, „großzügig nach vorne zu gehen“. Jeder Gerettete sei „ein Impuls gegen die knallharte Politik, die der italienische Innenminister Matteo Salvini durchgezogen hat“. Der geplante Verteilmechanismus dürfe aber nicht nur für die aus Seenot Geretteten gelten, sondern auch für die, die es in maroden Booten auf eigene Faust nach Europa geschafft hätten.

Seehofer unterstrich, auch mit der geplanten Regelung bleibe die Zahl Geflüchteter überschaubar, die zusätzlich nach Deutschland kommen könnten. Die Bundesregierung habe auch bisher schon rund ein Viertel der Geretteten aus Italien übernommen. Es sei aber höchste Zeit, sich von dem „quälenden Prozedere“ zu verabschieden, bei dem in den vergangenen Jahren bei jedem einlaufenden Rettungsschiff Flüchtlinge einzeln über Europa verteilt werden mussten, erklärte Seehofer. In den vergangenen zwölf Monaten kamen laut der Süddeutschen Zeitung 561 Bootsflüchtlinge über Italien nach Deutschland.

 Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hofft, dass die deutsche Bereitschaft, mehr Menschen in Seenot nach Deutschland zu holen, in Europa Nachahmer findet.    Foto: Nietfeld/dpa

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hofft, dass die deutsche Bereitschaft, mehr Menschen in Seenot nach Deutschland zu holen, in Europa Nachahmer findet. Foto: Nietfeld/dpa

Foto: dpa/Kay Nietfeld

Die 82 geretteten Flüchtlinge, die seit einer Woche an Bord der „Ocean Viking“ ausgeharrt hatten, konnten am späten Samstagabend in Lampedusa an Land gehen. Italienischen Medienberichten zufolge wollen Deutschland, Frankreich und Italien je 24 der geretteten Flüchtlinge aufnehmen. Portugal habe sich bereit erklärt, acht der Geflüchteten einreisen zu lassen, Luxemburg nehme zwei Migranten auf.

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