Deutschland übernimmt OSZE-Vorsitz

Berlin · Deutschland kommt in diesem Jahr mit dem Vorsitz der OSZE eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung vieler Konflikte zu, darunter des Ukraine-Konflikts. Außenminister Steinmeier stellt heute Abend seine Ziele vor.

Mit der Übernahme des Vorsitzes der OSZE seit dem Jahreswechsel kommt Deutschland eine Schlüsselrolle bei der Bewältigung vieler Konflikte zu, allen voran des Ukraine-Krieges. Denn die "Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa" ist die einzige noch halbwegs funktionierende Gesprächsebene mit Russland. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD ) will heute Abend in Berlin seine Ziele verkünden. 1991 hatte Deutschland den Vorsitz schon einmal inne, damals unter Außenminister Hans-Dietrich Genscher (FDP ). Steinmeier hatte sich aktiv um den Vorsitz bemüht, um besser zwischen Kiew und Moskau vermitteln zu können.

Die OSZE überwacht derzeit mit 607 Beobachtern, darunter 29 Deutschen, den Waffenstillstand und den Abzug schwerer Waffen an der ukrainischen Konfliktlinie. Das ist die größte der 16 Feldmissionen überhaupt. Sie läuft Ende März aus. Eine weitere Mission kontrolliert zwei Grenzübergänge zwischen Russland und dem Donbass. Als Vorsitzender bekommt Steinmeier künftig direkt alle Berichte der Beobachter. Für die Fortsetzung der Missionen ist Moskaus Zustimmung notwendig, denn es gilt das Prinzip der Einstimmigkeit.

Der damalige Kanzler Helmut Schmidt (SPD ) hatte den OSZE-Vorläufer "KSZE" 1975 im Rahmen des so genannten Helsinki-Prozesses mit aus der Taufe gehoben; es ging um Vertrauensbildung zwischen den Blöcken. Nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erlebte dass Bündnis dann 1990 mit der "Charta von Paris" eine kurze, fast euphorische Phase. Doch jetzt herrschen in vielen Ländern des Ostens wieder Diktatoren und Autokraten; Russland erhebt regionale Vormachtansprüche. Einst gemeinsam formulierte Grundsätze wie das Verbot der Diskriminierung von Religionen, ethnischen oder sexuellen Minderheiten oder die Medienfreiheit werden missachtet, neuerdings sogar in EU-Mitgliedstaaten wie Polen oder Ungarn. Die Gegensätze unter den 57 sind wieder größer; das Interesse, sie zu überwinden, nimmt ab. Der Etat der Organisation, die ihre Zentrale in Wien hat, ist jedes Jahr gesunken auf jetzt noch 141 Millionen Euro.

Steinmeier will alles tun, um das zarte Dialog-Pflänzchen, das die OSZE darstellt, am Leben zu erhalten. "Dialog erneuern, Vertrauen neu aufbauen, Sicherheit wiederherstellen", nannte er seine Ziele. Er will sich auf unstrittige gemeinsame Themen wie die Terrorbekämpfung konzentrieren und darüber hinaus versuchen, den Austausch der Zivilgesellschaften zu stärken.

Bei der Auftaktveranstaltung heute in Berlin reden drei Intellektuelle aus Georgien, der Ukraine und Rumänien über die "Kultur des Dialogs und den Dialog der Kultur".

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