Deutschland muss weniger an die EU zahlen

Brüssel. Europa wird billiger. Schon im laufenden Jahr muss Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine knappe Milliarde weniger nach Brüssel überweisen. Denn die 3,3 Milliarden Euro Bußgelder, die EU-Kartellwächterin Neelie Kroes an Strafen verhängt hat, mindern den Anteil der Mitgliedstaaten am Haushalt

Brüssel. Europa wird billiger. Schon im laufenden Jahr muss Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) eine knappe Milliarde weniger nach Brüssel überweisen. Denn die 3,3 Milliarden Euro Bußgelder, die EU-Kartellwächterin Neelie Kroes an Strafen verhängt hat, mindern den Anteil der Mitgliedstaaten am Haushalt. Gestern vereinbarten die Finanzminister der Gemeinschaft eine nochmalige Senkung der Ausgaben für 2009. Knapp 4,7 Prozent weniger Geld wird Brüssel im Europa-Wahljahr zur Verfügung haben: 115 Milliarden Euro. Und das bedeutet: Steinbrück muss lediglich 22,6 Milliarden (19,7 Prozent des EU-Haushaltes) nach Brüssel schicken, noch einmal eine Milliarde weniger als in diesem Jahr. Damit haben die Minister den Entwurf der Kommission zusammengestrichen, die ihre Ausgaben nur um 3,3 Prozent kürzen wollte. Grundsätzlich aber soll es dabei bleiben, dass der Schwerpunkt auf Maßnahmen gelegt wird, die Arbeit und Beschäftigung versprechen. Fast 60 Milliarden Euro sind dafür vorgesehen. Für die Landwirtschaft wurden 42,9 Milliarden veranschlagt, ein leichtes Minus gegenüber dem laufenden Jahr. Es sei ein "grüner Haushalt", hieß es gestern in Brüssel. Jeder zehnte Euro fließt in Ausgaben für die Umwelt. Mit insgesamt 14 Milliarden fördert die Kommission Umweltschutzprogramme, die erneuerbaren Energien sowie die Forschung und Strukturpolitik. Den Abgeordneten des Europäischen Parlaments ist das trotzdem nicht genug. "Wir vermissen im Kampf gegen den Klimawandel ein größeres Engagement. Da muss noch zugelegt werden", sagte die Generalberichterstatterin des Parlaments, die deutsche Politikerin Jutta Haug (SPD). Den wohl massivsten Einschnitt gibt es im Etat Strukturpolitik, aus dem auch die deutschen Länder Zuschüsse erhalten. Mit 34,9 Milliarden Euro soll er um 13,9 Prozent sinken. Einige Programme wurden um bis zu 85 Prozent zusammengestrichen. Das Parlament rebelliert bereits und will im Oktober Korrekturen vorlegen. In Haushaltsfragen haben die Abgeordneten ein Veto-Recht. Die Union bezieht ihre Finanzen aus vier Quellen. Den größten Anteil machen die Überweisungen aus den Mitgliedstaaten aus, die sich aus der Höhe des Brutto-Nationaleinkommens errechnen. Hinzu kommen Einfuhrzölle, Abgaben auf Agrarprodukte sowie ein Anteil am Mehrwertsteueraufkommen der 27 EU-Länder. 115 Milliarden Euro - das ist nicht viel, betonte die Kommission auch gestern noch einmal. 500 Millionen Bürger leben in der EU, die USA hätten weniger als die Hälfte an Einwohnern, aber einen Jahresetat von 2100 Milliarden Euro. Meinung

Lieb und teuer

Von SZ-Korrespondent Detlef Drewes Dass Europa billiger wird, ist eine gute Nachricht. Sie wird die Klagen über die "Zahlmeister"-Rolle in Deutschland aber kaum verstummen lassen. Denn auch wenn wir im nächsten Jahr weniger zahlen, bleibt das Gefühl, dass die Lastenverteilung eine Schlagseite hat. Das stimmt auch. Länder, die mit EU-Mitteln hochgepäppelt wurden, werden noch immer so behandelt, als handele es sich um Entwicklungsregionen. Dabei sind sie längst zu blühenden Landschaften geworden. Dass dazu mit Irland ein Staat zählt, der der EU gerade erst die rote Karte gezeigt hat, dokumentiert, wie widersinnig das System ist. Korrekturen wird es trotzdem nicht geben - nicht zu diesem Zeitpunkt. Für das Fünkchen Hoffnung, der EU-Reformvertrag könne noch gelingen, tun die Mitgliedstaaten alles - notfalls auch schweigen und zahlen.

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