Deutsche Waffen für Nahost

Berlin. "Ich habe diesem Mann immer misstraut", meinte Angela Merkel (CDU) vor wenigen Tagen im Interview mit unserer Zeitung über den libyschen Diktator Gaddafi. Die Praxis sah lange anders aus: Seit 2005, dem Jahr des Beginns von Merkels Kanzlerschaft, hat die Bundesregierung Genehmigungen für Rüstungsexporte im Wert von 83 Millionen Euro nach Libyen erteilt

Berlin. "Ich habe diesem Mann immer misstraut", meinte Angela Merkel (CDU) vor wenigen Tagen im Interview mit unserer Zeitung über den libyschen Diktator Gaddafi. Die Praxis sah lange anders aus: Seit 2005, dem Jahr des Beginns von Merkels Kanzlerschaft, hat die Bundesregierung Genehmigungen für Rüstungsexporte im Wert von 83 Millionen Euro nach Libyen erteilt. Die Daten von 2010 sind darin mangels Verfügbarkeit noch gar nicht enthalten. Auch bei anderen Staaten des Nahen und Mittleren Ostens, die ihre Bevölkerung unterdrücken, war Deutschland nicht sonderlich zurückhaltend. Dabei heißt es im aktuellen Rüstungsexportbericht der Bundesregierung, dass sämtliche Anträge "nach sorgfältiger Abwägung vor allem der außen-, sicherheits- und menschenrechtspolitischen Argumente entschieden" würden. Auf Initiative der Linke-Fraktion beschäftigte sich gestern der Bundestag mit diesem offenkundigen Widerspruch. In vielen arabischen Ländern erhebe sich die Bevölkerung gegen ihre autokratischen Regime, die den Protest zum Teil mit brutaler Gewalt bekämpften, hieß es in einer Parlamentsvorlage der Linken. Und weiter: "Es ist davon auszugehen, dass dabei auch deutsche Waffen eingesetzt wurden".

Aufrüstung für Bahrain

In dieser Woche hatte auch die Regierung von Bahrain mit Gewalt auf den politischen Protest im Land reagiert. Zur Unterstützung des Regimes waren Soldaten aus Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE) einmarschiert. In den deutschen Rüstungsexportberichten der letzten Jahre tauchen diese Staaten regelmäßig auf. Allein 2009 genehmigte die Bundesregierung Rüstungsexporte im Wert von über zwei Millionen Euro nach Bahrain. Kein einziger Antrag wurde abgelehnt. Für die VAE summierte sich der Ausfuhrwert auf mehr als eine halbe Milliarde Euro. Lediglich vier Prozent der Anträge wurden hier abschlägig beschieden.

Ägypten durfte den offiziellen Angaben der Bundesregierung zufolge zwischen 2000 und 2009 Rüstungsgüter im Wert von 276 Millionen Euro aus Deutschland importieren. Darunter Pistolen, Maschinenpistolen und Scharfschützengewehre. Libyen bekam Hubschrauber, Gefechtsfeldüberwachungsradar, Kommunikationsausrüstungen sowie Störsender geliefert. "Und das, obwohl die Bundesregierung selbst die Menschrechtslage in dem Land als sehr unbefriedigend einstufte", kritisierte die Linke unter Verweis auf einschlägige Regierungsberichte zur Menschenrechtspolitik. Mit den an Gaddafi gelieferten deutschen Rüstungsgütern dürften es die amerikanischen und französischen Piloten zu tun bekommen, wenn sie jetzt das UN-Flugverbot durchsetzen wollen. vet

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