Der Youtube-Star und die Kanzlerin

Berlin · Die eine regiert Deutschland, der andere gilt bei Youtube vielen als Idol. Nun sprechen LeFloid und die Kanzlerin über Politik und was die Jugend bewegt. Ab Montag ist das Interview im Netz zu sehen.

Mit diesem Aufeinandertreffen hätte wohl keiner so bald gerechnet. Der Youtube-Star Florian Mundt, alias LeFloid, hat gestern Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU ) interviewt. Für beide war das Treffen "Neuland": Merkel hat sich noch nie von einem Youtuber interviewen lassen, Mundt dagegen ist nicht für Interviews bekannt, vor allem nicht mit Spitzenpolitikern.

Der 27-Jährige ist allerdings eine Stimme der Generation, die kaum noch Zeitung liest, Radio hört, die "Tagesschau" oder das "Heute-Journal" sieht. "Er ist unter den Youtubern nicht nur einer von denen, die die allergrößte Reichweite haben, sondern er ist auch einer von denen, die sich ernsthaft und dauerhaft mit politischen Themen befassen", sagt Regierungssprecher Steffen Seibert zur Begründung, warum genau Mundt das Interview bekommen hat. Im Mittelpunkt des Youtube-Kanals von LeFloid steht das Format "LeNews - Action News. Aber hart!": Hier kommentiert der Berliner zweimal wöchentlich aktuelle Geschehnisse aus Weltpolitik, Wissenschaft oder Popkultur. Er beschreibt die Themenauswahl so: "Es passiert viel in der Welt! Egal ob lustig, furchtbar, zum Schreien oder einfach Unfassbares. Lasst uns drüber sprechen!"

In seinen Videos zu diesen Themen lacht, schreit, verzweifelt, gestikuliert Mundt und kommentiert, mitunter auch flapsig, was ihn bewegt. "Sie weiß LeFloid einzuschätzen", sagt Seibert vor dem Interview dazu, ob Merkel wisse, mit wem sie da spricht.

Im Video einen Tag vor dem großen Interview zieht Mundt seine normale Show durch, bespricht Griechenland, Abtreibung und die NSA-Affäre. Am Ende lässt er etwas Nervosität durchblitzen. "Vielleicht sitze ich auch da, fang' an zu zittern, krieg' 'nen Krampf, leg' mich heulend in Fötus-Stellung auf den Boden."

Ein Foto mit seinem Team und der Kanzlerin, das er nach dem Interview auf Facebook hochgeladen hat, sieht eher danach aus, als hätte er das Gespräch gut überstanden. Weitere Details - nicht zuletzt Merkels Antworten auf die Fragen - sollen am Montag veröffentlicht werden.

Auf seine Videos bekommt Mundt täglich nach eigener Aussage rund 15 000 Kommentare. Einem Teil davon antwortet er. 2,6 Millionen Menschen haben seinen Hauptkanal abonniert, jedes seiner Videos wird durchschnittlich rund eine Million mal angesehen. Mundt betreibt seinen Channel seit 2007. Zum Vergleich: Der Youtube-Kanal der Bundesregierung, den es ebenfalls seit 2007 gibt, hat knapp 13 000 Abonnenten. Der Merkel-Podcast "Die Kanzlerin direkt" erreicht dort zwischen 300 und 3000 Klicks - bei kontroversen Themen wie dem Freihandelsabkommen TTIP auch mal 8900. Allerdings ist Youtube nicht die einzige Plattform, auf der Merkel ihre Podcasts hochlädt.

Die Fragen, die Mundt der Kanzlerin stellte, kommen aus der Community. Unter dem Hashtag #NetzfragtMerkel konnte jeder welche einreichen. Dabei waren zum Beispiel Fragen zur Bestrafung von Urheberrechtsverletzungen, zur Legalisierung von Cannabis, der Gleichstellung der Homo-Ehe oder auch Persönliches. Regierungssprecherin Christiane Wirtz versicherte schon im Vorfeld, dass LeFloid seine Fragen an Merkel selbst aussuchen konnte. Das Bundespresseamt nehme auch keinen Einfluss auf die Gestaltung des Videos , steht auf der Facebook-Seite der Regierung, die es seit Februar gibt. So gut wie jeder Schritt von Merkel wird dort festgehalten. Die Regierung wolle der Tatsache Rechnung tragen, dass 28 Millionen Deutsche über Facebook erreichbar seien, hatte Regierungssprecher Seibert erklärt.

28 Millionen Menschen - das klingt verlockend, zumal dort ohne Filterung durch klassische Medien und ohne Platzbeschränkung direkt an die Bürger gesendet werden kann. In Merkels Wahlkämpfen spielten die sozialen Medien bisher aber nur eine geringe Rolle. Die intensive Nutzung hat sich bei ihr erst in dieser Wahlperiode entwickelt. "Das Internet ist für uns alle Neuland", hatte die CDU-Chefin im Bundestagswahlkampf 2013 noch gesagt.

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