Der ungewollte Krieg und das Prinzip Rasenmäher

Tel Aviv. Scheinbar unaufhaltsam steuern Israel und militante Palästinenser im Gazastreifen auf einen weiteren verheerenden Bodenkrieg zu. "Wir werden unsere Offensive so lange fortsetzen, bis sichergestellt ist, dass unsere Bürger im Süden des Landes in Frieden und Sicherheit leben können", sagt Mark Regev, Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu

 Eine Bewohnerin von Aschkelon sucht mit ihrer Tochter Schutz vor den Raketen aus Gaza. Im Süden Israels wurden gestern sieben Menschen verletzt. In Tel Aviv gab es erneut Luftalarm. Foto: ABIR SULTAN/dpa

Eine Bewohnerin von Aschkelon sucht mit ihrer Tochter Schutz vor den Raketen aus Gaza. Im Süden Israels wurden gestern sieben Menschen verletzt. In Tel Aviv gab es erneut Luftalarm. Foto: ABIR SULTAN/dpa

Tel Aviv. Scheinbar unaufhaltsam steuern Israel und militante Palästinenser im Gazastreifen auf einen weiteren verheerenden Bodenkrieg zu. "Wir werden unsere Offensive so lange fortsetzen, bis sichergestellt ist, dass unsere Bürger im Süden des Landes in Frieden und Sicherheit leben können", sagt Mark Regev, Sprecher des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Aber trotz der heftigsten israelischen Luftangriffe seit Jahren starteten im Gazastreifen auch gestern wieder Raketen Richtung Israel, auch in Tel Aviv gab es den vierten Tag in Folge Luftalarm. Damit wurde der gefürchtete Einmarsch von Bodentruppen immer wahrscheinlicher.Doch eine Wiederholung der Bodenoffensive "Gegossenes Blei" von 2008/2009 stellt wegen der Umwälzungen in der arabischen Welt inzwischen ein kaum zu kalkulierendes Risiko dar. Damals starben bei erbitterten Kämpfen in der Enklave mindestens 1400 Palästinenser, überwiegend Zivilisten. "Was in der Vergangenheit erlaubt war, ist jetzt wegen der Entwicklung in der arabischen Welt verboten", brachte es Tunesiens Außenminister Rafik Abdel Salam bei einem Solidaritätsbesuch in Gaza-Stadt auf den Punkt.

Für Netanjahu geht es angesichts der Parlamentswahl am 22. Januar um alles. Er muss dem Beschuss israelischer Städte aus dem Gazastreifen, der in den vergangenen Monaten immer heftiger geworden war, ein Ende setzen. Ob der Frontalangriff gegen die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas der richtige Weg ist, daran werden allerdings Zweifel laut. Auch die israelische Regierung hat nie Zweifel daran geäußert, dass die vielen sporadischen Raketenangriffe auf das Konto von Splittergruppen wie dem Islamischen Dschihad oder Salafisten gingen.

So sieht es auch der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor. Die Hamas habe die Gewalt "nicht entfesselt", sagt er. Verantwortlich seien die "extremistischen fundamentalistischen Gruppierungen", die sich einen Machtkampf lieferten. Die Hamas aber und auch ihr von Israel gezielt getöteter Militärchef Achmed al-Dschabari führten bis zuletzt offenbar Geheimverhandlungen mit Israel über einen langfristigen Waffenstillstand. Das zumindest glaubt der israelische Friedensaktivist Gershon Baskin: "Am Tag der Tötung Al-Dschabaris hat die Hamasführung den Entwurf einer Vereinbarung aus Israel erhalten und wollte noch am Abend antworten." Die monatelangen Bemühungen einer Vermittlung zwischen beiden Seiten, an denen auch Ägypten und die Vereinten Nationen beteiligt waren, seien nun vorerst ruiniert. Netanjahu und viele seiner Landsleute halten einen Frieden mit den Palästinensern derzeit sowieso für sehr unwahrscheinlich.

 Die israelische Armee bombardierte auch gestern zahlreiche Ziele im Gazastreifen wie hier in Gaza-Stadt. Dabei kamen Berichten zufolge mindestens 18 Palästinenser ums Leben. Foto: OLIVER WEIKEN/dpa

Die israelische Armee bombardierte auch gestern zahlreiche Ziele im Gazastreifen wie hier in Gaza-Stadt. Dabei kamen Berichten zufolge mindestens 18 Palästinenser ums Leben. Foto: OLIVER WEIKEN/dpa

 Eine Bewohnerin von Aschkelon sucht mit ihrer Tochter Schutz vor den Raketen aus Gaza. Im Süden Israels wurden gestern sieben Menschen verletzt. In Tel Aviv gab es erneut Luftalarm. Foto: ABIR SULTAN/dpa

Eine Bewohnerin von Aschkelon sucht mit ihrer Tochter Schutz vor den Raketen aus Gaza. Im Süden Israels wurden gestern sieben Menschen verletzt. In Tel Aviv gab es erneut Luftalarm. Foto: ABIR SULTAN/dpa

 Die israelische Armee bombardierte auch gestern zahlreiche Ziele im Gazastreifen wie hier in Gaza-Stadt. Dabei kamen Berichten zufolge mindestens 18 Palästinenser ums Leben. Foto: OLIVER WEIKEN/dpa

Die israelische Armee bombardierte auch gestern zahlreiche Ziele im Gazastreifen wie hier in Gaza-Stadt. Dabei kamen Berichten zufolge mindestens 18 Palästinenser ums Leben. Foto: OLIVER WEIKEN/dpa

Stattdessen betreibt Jerusalem eine Politik der Schadensbegrenzung, die nicht auf eine endgültige Lösung der Sicherheitsprobleme hofft. Die "New York Times" umschrieb diese Politik der stets wiederkehrenden Militäreinsätze mit der Metapher des "Rasenmähens". Wenn es keinen Frieden gibt, dann müssen die immer nachwachsenden Feinde eben kurzgehalten werden.

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