Der unbedarfte Agent „Uwe“ blamiert den BND

München · Sein Deckname war „Uwe“: Ein Ex-BND-Mitarbeiter soll über Jahre hinweg geheime Daten an die CIA weitergegeben haben. Auch dem russischen Geheimdienst bot er sich an – und enttarnte deutsche Agenten im Ausland.

Ein ehemaliger Mitarbeiter des Bundesnachrichtendienstes (BND) hat vor dem Münchner Oberlandesgericht eine Spitzeltätigkeit für den US-Geheimdienst CIA zugegeben. Der 32-Jährige begründete dies zu Prozessbeginn gestern mit Frust, Langeweile, Unzufriedenheit und Unterforderung an seinem Arbeitsplatz. "Im BND hatte ich den Eindruck: Da hat man mir nichts zugetraut", sagte er und fügte hinzu: "Bei der CIA war das halt anders. Da konnte man sich beweisen." Der Angeklagte gab zu: "Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass mir das nicht gefallen hätte." Zu den einzelnen Anklagepunkten sagte er zunächst nichts.

Die Bundesanwaltschaft wirft dem 32-Jährigen zudem Spionage für den russischen Geheimdienst vor. Die Anklage lautet: Landesverrat, Verletzung von Dienstgeheimnissen und Bestechlichkeit. Zwischen Mai 2008 und Mitte 2014 soll der gelernte Bürokaufmann als BND-Mitarbeiter geheime Dokumente und interne Informationen über Arbeit und Personal des BND geliefert und dafür über die Jahre hinweg mindestens 95 000 Euro erhalten haben. Die Nachrichten habe er in zunehmend regelmäßigen Abständen versandt, in den letzten beiden Jahren etwa im Wochenrhythmus, sagte Bundesanwalt Wolfgang Siegmund. Im Juli 2014 ist er dann festgenommen worden und seitdem sitzt er in Untersuchungshaft. Die verratenen Dokumente waren bis zum Grad "streng geheim" eingestuft. Darunter war offenbar auch eine Liste mit Decknamen und echten Identitäten deutscher Agenten im Ausland: In der Anklage heißt es, der Angeklagte habe eine "Personal- und Organisationsdatenbank" an die CIA übergeben, mit umfangreichen Datensätzen "sämtlicher aktuellen und zahlreicher früheren Mitarbeiter" der Abteilung "Einsatzgebiete Auslandsbeziehungen".

Mitte 2014 soll der Angeklagte außerdem versucht haben, sich dem russischen Geheimdienst anzudienen, und dabei drei BND-Dokumente an das russische Generalkonsulat in München übergeben haben. Wegen dieser Mail, die er unverschlüsselt übermittelte, flog er auf. Vor dem 8. Strafsenat des Oberlandesgerichts sind zunächst 24 Verhandlungstage bis zum 15. März 2016 vorgesehen.

Gleich zu Prozessbeginn erklärte er, in seiner Kindheit und Jugend ein Einzelgänger gewesen zu sein. Wegen eines Impfschadens besuchte er einen Kindergarten, und Schulen für körperbehinderte Menschen. Konkret leidet er wohl an Gleichgewichtsstörungen, Störungen der Feinmotorik und einem verminderten Sehvermögen. Er gilt deshalb als schwerbehindert. Zum BND sei er zufällig gekommen: Er habe Blind-Bewerbungen an viele Behörden und Firmen geschickt.

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