Der Treueschwur von München

München · Aufatmen in Europa: Auch unter Trump will Amerika weiter ein Freund sein. Trotzdem hinterlässt die Sicherheitskonferenz offene Fragen – und beunruhigende Worte.

 Also doch noch Freunde? Das erste Date zwischen US-Vizepräsident Mike Pence und Kanzlerin Merkel verlief in München überraschend harmonisch. Foto: dpa

Also doch noch Freunde? Das erste Date zwischen US-Vizepräsident Mike Pence und Kanzlerin Merkel verlief in München überraschend harmonisch. Foto: dpa

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(SZ/) Es gibt sie also doch noch, die transatlantische Partnerschaft. Amerika und Europa wollen Freunde bleiben - trotz allem. Das ist die Hauptbotschaft der Münchner Sicherheitskonferenz, von US-Vizepräsident Mike Pence überbracht. Er ist im Auftrag seines Chefs in die bayerische Hauptstadt gekommen, um Sätze wie diesen vorzulesen: "Wir waren uns treu über Generationen. Und so wie Sie uns die Treue halten, werden auch wir Ihnen unter Präsident Trump immer treu sein." Es kriselt in dieser Freundschaft, Trump sorgt seit Wochen in der internationalen Politik für Unruhe und Chaos.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sitzt in der ersten Reihe, auch viele andere europäische Regierungschefs und Minister sind da. Das ist genau das, was sie hören wollen. Und dann setzt Pence noch einen drauf: "Das ist Präsident Trumps Versprechen: Wir werden zu Europa stehen, heute und jeden Tag, weil uns dieselben edlen Ideale zusammenschweißen: Freiheit, Demokratie, Gerechtigkeit, Rechtsstaatlichkeit." Pence ist ganz offensichtlich mit einem klaren Auftrag angereist: Beschwichtigung.

Doch der US-Vize hat nicht nur Freundlichkeiten mit nach Europa gebracht, sondern stellt auch Ansprüche - altbekannte Ansprüche. Er fordert die Bündnispartner auf, endlich das Versprechen einzuhalten, bis 2024 zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung auszugeben. Die Drohung von Verteidigungsminister Mattis von vergangener Woche, die USA würden andernfalls ihre Militärpräsenz in Europa zurückfahren, wiederholt Pence zwar nicht. Aber auch er klagt.

Merkel bekennt sich zur Aufstockung - wie schon Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) -, aber mehr als eine Steigerung von mehr als acht Prozent pro Jahr werde sich nicht machen lassen. Dass der Koalitionspartner SPD davon alles andere als begeistert ist, bringt die Kanzlerin nicht aus der Ruhe. Sie hoffe, dass es zu keiner Diskussion kommen werde, sagt sie. Einen direkten Konter fährt später indes Außenminister Sigmar Gabriel (SPD). Die Zusage auf Steigerung des Verteidigungsetats bedeuteten 25 Milliarden Euro mehr für die Bundeswehr. "Auch im Wahlkampf sollte man realistisch bleiben", sagt Gabriel. Er wisse jedenfalls nicht, woher dieses Geld kommen solle.

Die Kanzlerin äußert Sorgen in München - mit Blick auf Trumps Ideen. "Lassen Sie uns gemeinsam die Welt besser machen", beschwört sie das Auditorium und meint besonders die stattliche US-Abordnung. Die Welt von heute halte Herausforderungen bereit, "die von keinem einzigen Staat alleine zu bewältigen sind".

Wenn sich Russlands Regierung von der Regierung Trump eine Aufweichung der Fronten erwartet haben sollte, wird sie spätestens in München eines Besseren belehrt. Nachdrücklich bekennt sich Pence zur Nato-Präsenz in den baltischen Staaten und an der polnischen Ostgrenze.

Russlands Außenminister Sergej Lawrow gibt sich später redselig, verfällt aber einmal mehr in die bekannte "Alle sind schuld außer Russland"-Rhetorik und in die jahrzehntelang erprobte Nato-Schelte. Das Bündnis sei nach wie vor eine "Institution des Kalten Krieges, sowohl im Denken wie auch im Herzen". Er wirbt in München für eine neue Weltordnung, in der die Staaten des Westens weniger Einfluss haben sollen. Er strebe eine "post-westliche Weltordnung" an, sagt Lawrow am Samstag. Kennzeichen einer solchen neuen Weltordnung müsste es sein, "dass jedes Land durch seine eigene Souveränität definiert wird". Den USA bietet er daraufhin ein "pragmatisches" Verhältnis an.

Fazit der Konferenz: Die schlimmste Befürchtung Europas ist zwar ausgeräumt: Die USA werden sich auch unter Trump nicht grundsätzlich abwenden und die Nato infrage stellen. Antworten auf konkrete Fragen bleiben Trumps Leute aber schuldig. Was wird aus dem Weltklimaabkommen? Was ist mit Strafsteuern auf Importe? Wie sieht die Haltung zur Institution Europäische Union aus? Und wie wird Trump mit Russland nun umgehen?

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