Der Schlächter von Syrien

Damaskus. Teile von Dschisr al Schugur liegen in Trümmern, Leichen treiben im Fluss, und die nahegelegenen Felder stehen in Flammen. Die vierte Armee-Division unter dem Kommando von Maher al Assad (Foto: afp) hat mit brutaler Gewalt die nordwestsyrische Stadt unter ihre Kontrolle gezwungen. Mit 200 Panzern, Kampfhubschraubern und Artillerie marschierten die Verbände ein

 Syrische Soldaten marschieren in Dschisr al Schugur ein. Foto: dpa

Syrische Soldaten marschieren in Dschisr al Schugur ein. Foto: dpa

Damaskus. Teile von Dschisr al Schugur liegen in Trümmern, Leichen treiben im Fluss, und die nahegelegenen Felder stehen in Flammen. Die vierte Armee-Division unter dem Kommando von Maher al Assad (Foto: afp) hat mit brutaler Gewalt die nordwestsyrische Stadt unter ihre Kontrolle gezwungen. Mit 200 Panzern, Kampfhubschraubern und Artillerie marschierten die Verbände ein. In Angst vor Strafaktionen nach einer Rebellion in einem Militärstützpunkt der Stadt, bei der, wie Augenzeugen berichten, in der Vorwoche 120 Soldaten ums Leben kamen, sind die meisten Bewohner geflüchtet, fast 7000 in die Türkei. Viele harren an der Grenze aus, um die nächsten Aktionen Mahers abzuwarten.Seit die vierte Division mit ungeheurer Brutalität die Stadt Deraa, in der vor elf Wochen die Proteste gegen die Diktatur Assads begonnen hatten, unter ihre Kontrolle zwang, versetzt der Name Maher al Assad (43) die Syrer in Panik und Schrecken. Mit blutiger Repression tritt er mehr und mehr aus dem Schatten seines Bruders. Syrische Analysten weisen darauf hin, dass Maher schon seit einiger Zeit der eigentliche "starke Mann" Syriens sein dürfte, wozu ihn seine Funktionen als Kommandant der Elitetruppen der Republikanischen Garden und der vierten Division sowie die Kontrolle des militärischen Geheimdienstes machen. Bewusst dürfte das Regime möglicherweise jedoch Baschar al Assads Image als reformwilligen Präsidenten gepflegt haben, um sich die Loyalität zumindest einiger Teile der Bevölkerung zu erhalten.

Fest steht, dass Maher der eigentliche Organisator der Brutalitäten gegen Demonstranten ist, denen bereits mehr als 1300 Menschen zum Opfer fielen. Die Syrer nennen ihn heute den "Schlächter von Deraa". Leute, die ihn kennen, beschreiben ihn als hochintelligenten, hervorragenden Organisator mit einem starken Zug zur Grausamkeit. "Er hat sich als Schlächter erwiesen, der tötet, nur um zu töten", beschreibt ihn ein Aktivist in Damaskus.

Maher ist der jüngste der vier Söhne des 2000 gestorbenen Hafez al Assad. Als der zum Nachfolger des Vaters erkorene Bruder Basil 1994 ums Leben kam, war Maher im Gespräch. Doch wegen seines aufbrausenden Charakters zog der Vater den unpolitischen Augenarzt Baschar vor. Baschar, der stets als Zögerer galt, erkor den harten Maher nach seiner Machtübernahme zu seinem engsten Berater. So ist die Niederschlagung des kurzen "Damaszener Frühlings" 2000 und 2001 auf Mahers Einfluss zurückzuführen. Kenner des Regimes sind überzeugt, dass sich Maher und andere Mitglieder des Regimes nicht mit internationalen Sanktionen abschrecken lassen. Es gehe ihnen einzig um die Macht, welchen Preis auch immer das Land und seine Bürger dafür zahlen müssen.

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