Der Moment, als Steve Jobs die Welt veränderte

San Francisco · 2007 stellte Apple das erste iPhone vor. Damals konnte sich kaum jemand vorstellen, dass Marktführer wie Nokia von der Bühne verschwinden. Heute fasziniert das Gerät immer noch – auch ohne Innovationen?

Als Apple-Chef Steve Jobs am 9. Januar 2007 auf die Bühne der Macworld-Konferenz trat, rechneten die Besucher bereits mit der Premiere eines neuartigen Telefons von Apple . Doch zwischenzeitlich sorgte Jobs für Verwirrung im Publikum: "Heute stellen wir Ihnen drei revolutionäre Produkte vor: Das erste ist ein Breitbild-iPod mit Touchscreen. Das zweite ist ein umwälzendes Handy. Und das dritte ist ein neues Internet-Kommunikationsgerät, das einen echten Durchbruch bedeutet." Sollten hier tatsächlich drei neue Geräte angekündigt werden? Jobs wiederholte diese Aufzählung immer wieder. solange, bis dem letzten Besucher im Moscone Center dämmerte, was er meinte: "Das sind nicht drei separate Geräte, sondern nur ein einziges. Wir nennen es iPhone ." Apple erfinde das Telefon neu, sagte Jobs.

<img alt="Infografik: Die Erfolgsgeschichte des iPhones | Statista" height="auto" src="https://infographic.statista.com/normal/infografik_7468_absatz_von_apple_iphones_n.jpg" style="width: 100%; height: auto !important; max-width:960px;-ms-interpolation-mode: bicubic;" width="100%" />
Mehr Statistiken finden Sie bei StatistaWie sich herausstellte, erfand Apple viel mehr - einen Weg, wie man einen vollwertigen Computer bequem unterwegs nutzbar machen kann. Das Potenzial erkannten binnen kurzer Zeit auch andere Hersteller. Darunter etwa Samsung, LG, Huawei . Sie zogen nach. So stark, dass das Internet heute mobil geworden ist. 2016 war das Smartphone das meistgenutzte Gerät für den Internetzugang. Allein in Deutschland gehen zwei Drittel der Menschen einer ARD/ZDF-Studie zufolge darüber ins Netz. Zuhause oder unterwegs. Bei fast allen ist das Smartphone immer dabei. Weniger um damit mal etwas im Netz zu recherchieren, vielmehr um mit anderen Menschen zu interagieren - über soziale Netzwerke. "Das Gerät ist die virtuelle Nabelschnur zu den Kontakten des Nutzers", beschreibt Medienpsychologe Leonard Reinecke einen Wandel in der Kommunikation. Ermöglicht hat ihn Jobs.

Dabei schüttelten Business-Insider 2007 über dessen vollmundige Prophezeiung noch den Kopf. Wie soll das gehen, fragten sie sich. Allein schon technisch? Nicht ohne Grund. Das erste iPhone unterstützte nicht mal den einstigen Funkstandard UMTS (3G), sondern musste sich mit EDGE (2,5G) begnügen. Es war langsam, wie iPhone-Nutzer zu Beginn klagten. Doch sie blieben dem schicken Design-Gerät treu. Nicht selten wegen der Optik, munkeln Experten. Ein Jahr später legte Jobs lieber noch mal nach und spendierte dem iPhone eine schnellere 3G-Verbindung. Außerdem führte er den App Store ein, der die Smartphone-Welt endgültig revolutionierte.

Limitiert wird der Einfluss des iPhones heute allein durch Google und sein Betriebssystem Android, mit dem die Smartphones von Samsung, LG, Motorola , Xiaomi und vielen anderen Herstellern laufen. Das Google-System ist heute sogar auf deutlich über 80 Prozent aller mobilen Geräte. Allerdings verdient in der Branche Apple dank über einer Milliarde verkaufter Geräte den überwiegenden Anteil des Gewinns. Wie hart der Kampf ist, zeigt auch, dass sich Google und Apple regelmäßig vor Gericht treffen. Es geht um Patente und Urheberrechtsbrüche.

Der Erfolg des iPhone sorgte auch dafür, dass Umweltschützer und Menschenrechtler Apple für Probleme der gesamten Branche verantwortlich machten. Greenpeace legte sich schon 2007 mit Jobs an und beklagte, dass im iPhone gefährliche Chemikalien verbaut werden. Auch für miese Arbeitsbedingungen beim chinesischen Auftragsfertiger Foxconn wurde Apple verantwortlich gemacht, nicht etwa andere Foxconn-Kunden wie Hewlett-Packard , Dell , Microsoft oder Sony . Erst Jobs Nachfolger Cook setzte durch, dass Umweltschutz-Prinzipien eingehalten werden müssen und möglichst nur konfliktfreie Rohstoffe verwendet werden dürfen. Außerdem setzte er sich für bessere Verhältnisse in den chinesischen Fabriken ein. Inzwischen gilt Apple bei Greenpeace quasi als Vorzeige-Unternehmen. Und auch in den Werkhallen in China wird stärker auf die Einhaltung von Arbeitszeit-Beschränkungen geachtet, auch wenn die Bedingungen dort längst nicht alle Kritiker zufriedenstellen.

Die Debatte um Apple wird inzwischen weniger von politischen Themen bestimmt, sondern von der Frage, ob Apple nach dem Tod von Steve Jobs noch Innovationen wie iPod, iPhone und iPad vorlegen kann. "Jobs" 4er gilt trotz Antennen-Skandal als das letzte bedeutende iPhone . Wird es Apple im Jubiläumsjahr noch einmal schaffen, die Branche aufzurollen?

Meinung:

Smartphones ändern nicht alles

Von SZ-Redakteur Pascal Becher

Das iPhone hat die Welt verändert. Und nicht wenigen scheint dieser Erfolg unheimlich. Auch deshalb schimpfen sie gern auf das Smartphone. Beispielsweise, wenn es um Kommunikation in unserer Gesellschaft geht. Gerade in Gesellschaft. Der Vorwurf: Leute starren lieber auf ihr Smartphone, statt miteinander zu reden. Wenn sie das überhaupt noch richtig können - reden. Was heißt "Doppelpunkt, Strich und Klammer zu" auf Deutsch nochmal? Ach so: Lächeln. Aber dafür muss man sich in die Augen schauen. Macht auch keiner mehr - wegen iPhone und Social Media. Und ja: Das trifft sicher auf einige zu. Aber manchmal sind Gespräche einfach nur langweilig und das Gegenüber einem unsympathisch. In solchen Situationen hat man auch schon vor Smartphones nicht zugehört, gelächelt oder sich angeschaut.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort