Der Löwe geht auf Schmusekurs

Sie schenkt ihm am Ende seiner Rede zumindest ein Lächeln und einen Händedruck. Blumen oder ein Präsent gibt es für Horst Seehofer nicht. Auch verkneift Angela Merkel es sich, ans Rednerpult zu treten und ein Wort des Dankes zu sprechen. "Ich wünsche noch einen schönen Rest-Parteitag", ist der Schlusssatz von Seehofer gewesen. Für Merkel ist bis zum Auftritt des CSU-Chefs alles prima gelaufen in Karlsruhe. Würde sie jetzt noch einmal reagieren, sähe das aus wie eine kleinkarierte Retourkutsche. So ist Merkel nicht. Sie ist generös. Es liegt trotzdem etwas in der Luft, als der Bayer die Messehalle betritt. Der Applaus der CDU-Delegierten ist mäßig, ein vereinzelter "Buh"-Ruf ist zu hören. Seehofer hat sein typisches, schelmisches Grinsen aufgesetzt. Er ist Instinktpolitiker, seit 35 Jahren dabei. Keiner wird besser wissen, dass dieser Tag vielleicht nicht im Zeichen der Entschuldigung, aber wohl einer Art Wiedergutmachung oder eines Signals der Geschlossenheit stehen muss. Weil er Merkel beim CSU-Parteitag auf offener Bühne gedemütigt hat. Das ist ihm in der CDU extrem übel genommen worden. Also zieht der bayerische Ministerpräsident alle Register, er bricht gleich zu Beginn seiner Rede mit ein, zwei kleinen Witzchen das Eis. "Grüß Gott und Danke für einen für meine Verhältnisse sehr freundlichen Empfang." Da löst sich die Anspannung. Zuckerbrot und Peitsche. Das ist Seehofer, da bleibt er sich treu. Der CSU-Chef beschwört die Einheit und die Erfolge der Union, gibt aber im Streit um Obergrenzen bei der Flüchtlingsaufnahme nicht klein bei. An der Stelle würden die Leitanträge der Schwesterparteien halt nicht übereinander passen, betont er. Die CDU will den Ansturm lediglich "spürbar verringern", alles andere werde Deutschland "auf Dauer" überfordern. Den Leitantrag haben die Delegierten mit zwei Gegenstimmen beschlossen, die CSU ihren mit dem Wort "Obergrenze". Mit nur einer Gegenstimme, stichelt der Bayer . Aber ob Begrenzung, Obergrenze, Kontingente oder Flüchtlingszahlen reduzieren, für Seehofer ist das auf einmal nur noch ein Fall für "Sprachwissenschaftler". Hauptsache, die Bevölkerung merke, dass die Union das Problem des immensen Zuzugs von Flüchtlingen "klug und menschenwürdig" löse - "und das in absehbarer Zeit", fügt er an. Später wird er konkreter: 2016 muss Merkel liefern, "abgerechnet wird am Ende", sagt Seehofer. So hält es der Bajuware halt gerne, mal schnurrt er wie ein Kätzchen, mal gibt er den Streithansel. Seehofer schlägt sich, wenn man ihn reizt, und er ist flexibel genug, um zu merken, dass er womöglich überzogen hat. Davon können auch viele in der CSU ein Lied singen. Da ist die CDU-Chefin ganz anders. Merkel bleibt stets sachlich, sie steht über den Dingen, ist nicht sonderlich nachtragend. Jedenfalls tut sie so. Außerdem hat sie es mit ihrer Rede auf dem Parteitag geschafft, dass die CDU erst einmal hinter ihrer Flüchtlingspolitik steht. Da kann Seehofer noch so viel aus den bayerischen Bergen poltern. Richtig warm werden beide sowieso nicht werden. Am meisten Applaus erhält Seehofer, als er sagt: "Wir haben eine exzellente Kanzlerin." Da brandet sogar Jubel auf. Und weiter: "Unsere Kanzlerin vertritt uns erstklassig in der ganzen Welt. Sie ist in Deutschland hoch geschätzt und ich sage ausdrücklich: auch im Freistaat Bayern." Angela Merkel guckt bei diesen Sätzen allerdings drein, als ob sie dem Braten nicht wirklich trauen würde. Und etwas will sie dem CSU-Chef partout nicht gönnen - ein gemeinsames, versöhnliches Zweierbild auf der Bühne. Obwohl er sie mit einer Geste dazu auffordert. Merkel wartet, bis sich die drei Spitzenkandidaten der nächsten Landtagswahlen erheben und so ein unverfängliches Gruppenfoto entsteht. Da ist sie doch, die klitzekleine Retourkutsche. Merkel bringt Seehofer zum Ausgang.

Sie schenkt ihm am Ende seiner Rede zumindest ein Lächeln und einen Händedruck. Blumen oder ein Präsent gibt es für Horst Seehofer nicht. Auch verkneift Angela Merkel es sich, ans Rednerpult zu treten und ein Wort des Dankes zu sprechen. "Ich wünsche noch einen schönen Rest-Parteitag", ist der Schlusssatz von Seehofer gewesen. Für Merkel ist bis zum Auftritt des CSU-Chefs alles prima gelaufen in Karlsruhe. Würde sie jetzt noch einmal reagieren, sähe das aus wie eine kleinkarierte Retourkutsche. So ist Merkel nicht. Sie ist generös.

Es liegt trotzdem etwas in der Luft, als der Bayer die Messehalle betritt. Der Applaus der CDU-Delegierten ist mäßig, ein vereinzelter "Buh"-Ruf ist zu hören. Seehofer hat sein typisches, schelmisches Grinsen aufgesetzt. Er ist Instinktpolitiker, seit 35 Jahren dabei. Keiner wird besser wissen, dass dieser Tag vielleicht nicht im Zeichen der Entschuldigung, aber wohl einer Art Wiedergutmachung oder eines Signals der Geschlossenheit stehen muss. Weil er Merkel beim CSU-Parteitag auf offener Bühne gedemütigt hat. Das ist ihm in der CDU extrem übel genommen worden. Also zieht der bayerische Ministerpräsident alle Register, er bricht gleich zu Beginn seiner Rede mit ein, zwei kleinen Witzchen das Eis. "Grüß Gott und Danke für einen für meine Verhältnisse sehr freundlichen Empfang." Da löst sich die Anspannung. Zuckerbrot und Peitsche. Das ist Seehofer, da bleibt er sich treu.

Der CSU-Chef beschwört die Einheit und die Erfolge der Union, gibt aber im Streit um Obergrenzen bei der Flüchtlingsaufnahme nicht klein bei. An der Stelle würden die Leitanträge der Schwesterparteien halt nicht übereinander passen, betont er. Die CDU will den Ansturm lediglich "spürbar verringern", alles andere werde Deutschland "auf Dauer" überfordern. Den Leitantrag haben die Delegierten mit zwei Gegenstimmen beschlossen, die CSU ihren mit dem Wort "Obergrenze". Mit nur einer Gegenstimme, stichelt der Bayer . Aber ob Begrenzung, Obergrenze, Kontingente oder Flüchtlingszahlen reduzieren, für Seehofer ist das auf einmal nur noch ein Fall für "Sprachwissenschaftler". Hauptsache, die Bevölkerung merke, dass die Union das Problem des immensen Zuzugs von Flüchtlingen "klug und menschenwürdig" löse - "und das in absehbarer Zeit", fügt er an. Später wird er konkreter: 2016 muss Merkel liefern, "abgerechnet wird am Ende", sagt Seehofer.

So hält es der Bajuware halt gerne, mal schnurrt er wie ein Kätzchen, mal gibt er den Streithansel. Seehofer schlägt sich, wenn man ihn reizt, und er ist flexibel genug, um zu merken, dass er womöglich überzogen hat. Davon können auch viele in der CSU ein Lied singen. Da ist die CDU-Chefin ganz anders. Merkel bleibt stets sachlich, sie steht über den Dingen, ist nicht sonderlich nachtragend. Jedenfalls tut sie so. Außerdem hat sie es mit ihrer Rede auf dem Parteitag geschafft, dass die CDU erst einmal hinter ihrer Flüchtlingspolitik steht. Da kann Seehofer noch so viel aus den bayerischen Bergen poltern. Richtig warm werden beide sowieso nicht werden.

Am meisten Applaus erhält Seehofer, als er sagt: "Wir haben eine exzellente Kanzlerin." Da brandet sogar Jubel auf. Und weiter: "Unsere Kanzlerin vertritt uns erstklassig in der ganzen Welt. Sie ist in Deutschland hoch geschätzt und ich sage ausdrücklich: auch im Freistaat Bayern." Angela Merkel guckt bei diesen Sätzen allerdings drein, als ob sie dem Braten nicht wirklich trauen würde. Und etwas will sie dem CSU-Chef partout nicht gönnen - ein gemeinsames, versöhnliches Zweierbild auf der Bühne. Obwohl er sie mit einer Geste dazu auffordert. Merkel wartet, bis sich die drei Spitzenkandidaten der nächsten Landtagswahlen erheben und so ein unverfängliches Gruppenfoto entsteht. Da ist sie doch, die klitzekleine Retourkutsche. Merkel bringt Seehofer zum Ausgang.

Meinung:

Nur etwas mehr Zeit

Von SZ-KorrespondentWerner Kolhoff

Solange CDU und CSU sich ihres Unterschiedes bewusst sind und ihn nutzen, haben sie beide Gewinn davon. Wenn die Spannungen aber überdehnt werden, kann es zum Riss kommen. In der Flüchtlingsfrage hat Horst Seehofer überdehnt. Nicht nur mit seiner Forderung nach einer Obergrenze, von der er weiß, dass die Kanzlerin sie mit nationalen Mitteln nicht durchsetzen kann. Jedenfalls nicht human. Sondern auch in der zuspitzenden, gegenüber Angela Merkel persönlich verletzenden Art, wie er sie durchzusetzen versuchte. Nach Seehofers Auftritt gestern ist dieser Konflikt nur scheinbar beigelegt. Merkel hat vom CSU-Chef lediglich etwas mehr Zeit bekommen, den Flüchtlingszustrom zu stoppen. Maximal bis Mitte 2016. Dann wird der Bayer sich wieder melden - und zur Not mit Bruch drohen.

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