Der Krimi um die Maut bleibt spannend bis zuletzt

Berlin · Der Bundesrat entscheidet heute über den Vermittlungsausschuss. Der schien schon gescheitert. Doch jetzt ist eine Mehrheit doch noch möglich.

 Noch keine freie Fahrt für die Maut: Wenn sich die Länder heute einigen, droht dem Streit-Projekt sogar mal wieder das Ende. Foto: Wüstneck/dpa

Noch keine freie Fahrt für die Maut: Wenn sich die Länder heute einigen, droht dem Streit-Projekt sogar mal wieder das Ende. Foto: Wüstneck/dpa

Foto: Wüstneck/dpa

Im Maut-Krimi kommt es am heutigen Freitag zum Finale. Der Bundesrat wird darüber entscheiden, ob er das Projekt von Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) durchwinkt oder in den gemeinsamen Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag überweist - und damit eventuell durch Verzögerung bis zur Bundestagswahl im September versenkt. Zünglein an der Waage war bisher das zögernde Brandenburg - das Land hat sich nach Informationen unserer Zeitung jetzt doch entschieden, den Maut-Gegnern beizuspringen.

Der Streit zwischen Dobrindt und einigen Bundesländern dreht sich um die Grenzregionen. Das Saarland, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen oder Nordrhein-Westfalen fordern seit Längerem mautfreie Autobahnabschnitte, ähnlich wie in Frankreich, um Einbußen für Wirtschaft, Handel und Tourismus zu vermeiden. Um bei der heutigen Sitzung den Vermittlungsausschuss anrufen zu können, benötigen die Maut-Gegner 35 von 69 Stimmen im Bundesrat. Schaut man auf das Verhältnis von Nein- und Ja-Sagern, wurde diese Zahl bislang allerdings knapp verfehlt. Es kam dem Vernehmen nach auf die vier Stimmen von Brandenburg an. Und für diese sieht es offenbar nun doch gut aus: Der Regierungssprecher des ostdeutschen Landes, Florian Engels, machte gestern gegenüber unserer Zeitung deutlich, man habe sich entschieden, für die Einberufung des Vermittlungsausschusses zu stimmen. Darüber unterrichtete Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) demnach auch Verkehrsminister Dobrindt telefonisch. Eine Mehrheit für ein Vermittlungsverfahren ist damit nun doch wahrscheinlicher geworden.

Brandenburgs Kritik entspricht der, die auch die anderen Länder mit Grenzregionen äußern: Die Maut bedeute eine Einschränkung des grenznahen Verkehrs, so Sprecher Engels, "und Brandenburg hat eine über 250 Kilometer lange Grenze mit Polen". Auch sei die Grundbedingung, wonach die Maut erhebliche zusätzliche Mittel zur Investition in den Straßenverkehr erbringen solle, "unserer Auffassung nach nicht erfüllt". Nach Dobrindts Plänen soll die Gebühr nur ausländische Fahrer belasten, für deutsche Autofahrer gibt es einen Ausgleich über die Kfz-Steuer. Darüber hinaus rechnet der Minister unter dem Strich mit Mehreinnahmen von 500 Millionen Euro für Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur. Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte der SPD im Bundestag kürzlich ein Plus bestätigt, um ihr die Zustimmung zu erleichtern. Auf eine genaue Summe wollte Schäuble sich aber nicht festlegen.

Anders als Brandenburg ist das Saarland schon lange vernehmbar als Maut-Gegner-Land bekannt. So warnten neben der Landesregierung und der Stadt Saarbrücken auch Wirtschaftsverbände wiederholt vor negativen Folgen für das Saarland und seine Gäste (und Kunden) von jenseits der Grenze. Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) hatte gleich nach der Abstimmung im Bundestag angekündigt, den Vermittlungsausschuss anzurufen.

Die Suche nach einem Kompromiss im Ausschuss dürfte extrem schwierig werden: Denn durch die geforderten Ausnahmen für Grenzregionen könnte der Aufbau des Mautsystems zum Minusgeschäft werden, wie die Länder selbst berechnet haben. Die Maut würde sich dann erst recht nicht mehr lohnen. In einer Vermittlung müsste daher geklärt werden, wie das verhindert werden kann - was vermutlich nur über die Erhöhung der Mautsätze geht. Das wiederum dürfte öffentlich schwer zu vermitteln sein. Gemutmaßt wurde jedoch zuletzt, dass die Länder das Vermittlungsverfahren so lange verzögern, damit das Mautgesetz vor der Bundestagswahl nicht mehr in Kraft treten kann. Nach der Wahl würden die Karten bei der Maut dann neu gemischt.

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