Der König des Samtweichen

Saarbrücken · James Last ist im Alter von 86 Jahren gestorben. Unzählige Partykeller in aller Welt hat er beschallt und 80 Millionen Schallplatten verkauft. Eine große Karriere zwischen „Nonstop Dancing“ und „Happy Music“.

So flauschig wie ein frisch gewaschener Flokati-Teppich war seine Musik, eine Fülle des Wohllauts. Bei James Last war die Welt noch in Ordnung, nichts störte die "Easy-Listening"-Gemütlichkeit. Sein plüschiger, freundlicher "Happy Sound" schallte durch die Partykeller in aller Welt, wo man sich dem "Nonstop Dancing" hingab. Wie viele Alben er in seiner langen Karriere aufnahm, konnte der fleißige Bremer irgendwann selbst nicht mehr genau sagen - der Bequemlichkeit halber nummerierte er etwa seine enorm erfolgreichen "Nonstop Dancing"-Alben, die ab 1965 erschienen, einfach durch.

In diesem Jahr war Last noch einmal auf große Konzertreise gegangen, die er allerdings vor ihrem Beginn zur Abschiedstournee erklärte; bei den Auftritten in diesem Frühjahr wirkte er angegriffen - auch bei seinem Trierer Konzert im April vor 2000 Fans. Gestern nun ist Last im Alter von 86 Jahren gestorben, keine zwei Monate nach seinem letzten Konzert am 26. April in Köln, wo er sich mit "Tschüss, bis zum nächsten Mal!" verabschiedete. Last sei "nach kurzer schwerer Krankheit im Beisein seiner Familie" in der Wahlheimat Florida gestorben, teilte sein Konzertveranstalter gestern mit.

James Last hieß eigentlich Hans und war anfangs eher dem Jazz zugetan. Während des Krieges in der Heeresmusikschule Bückeburg an der Tuba und am Kontrabass ausgebildet, spielte Last später im Tanzorchester von Radio Bremen , gründete eine eigene Band und galt in den 50ern als einer der besten Jazzbassisten im Land. Auch als Arrangeur war er gefragt: Für Freddy Quinn kleidete er "Junge, komm bald wieder" in tränenfeuchte Sehnsuchtsklänge, er arbeitete für Lale Andersen und Caterina Valente . Die ganz große Karriere begann aber in den 60ern, als er für die eigene Formation zum ersten Mal seinen "Happy Sound" praktizierte: Neuaufnahmen bekannter Hits mit großer Besetzung und in einem Sound, der wohlig dahinfließt. Dass Kritiker seine Alben für leichtgewichtig hielten und seine Arbeit schon mal "seicht" oder auch "Musikmilchbrei" nannten, scheint Last wenig gestört zu haben. Vielleicht hatte er auch keine Zeit, Kritiken zu lesen. Denn entweder tüftelte er im Studio an Arrangements oder stand mit seiner großen Band auf den Bühnen in aller Welt, allein in der Londoner Royal Albert Hall 90 Mal. Sympathisch lässig dirigierte er da, wie aus der Hüfte, und praktizierte in seinen Zwischenansagen sein legendäres Last-Nuscheln. Mit dem begründete er auch gerne, warum er nie gesungen hat: "Man versteht mich ja schon nicht, wenn ich rede."

Lasts geschmeidige, samtweiche Musik begleitete vor allem die 60er und 70er Jahre, den wachsenden Wohlstand, das Entspannen im liebevoll vertäfelten Partykeller und die Reisen ("Copacabana", "Biscaya"). Dass James Last auch die Titelmusik für den TV-Luxuskreuzer "Traumschiff" schrieb, versteht sich fast von selbst.

In den 80er Jahren schien der Glanz etwas zu verblassen, doch Last erspielte sich immer wieder ein nachwachsendes, verjüngtes Publikum und aktualisierte stets sein Tournee-Programm. Dass US-Regisseur Quentin Tarantino Lasts 70er-Jahre-Hit "Der einsame Hirte" in seinem Film "Kill Bill" erklingen ließ, machte ihn auch bei Plattenkäufern bekannt, die ihn höchstens von weitem kannten - von Albumhüllen aus dem Plattenschrank der Eltern. Als Last zu seinem 75. Geburtstag das Album "They call me Hansi" mit Gastauftritten plante, standen die Kollegen im Studio Schlange: Herbert Grönemeyer , Jan Delay , Tom Jones , Nina Hagen und Xavier Naidoo .

Mit Last verlässt nun der letzte große Bandleader die Bühne - es ist eine aussterbende, aufwendige Kunst, die zu finanzieren selbst Last auf Tournee zuletzt schwer fiel, wie er im Interview für die "Saarbrücker Zeitung" im Februar zugab. Aber insgesamt war er sehr zufrieden mit seiner Karriere : "Ich tue einfach, was ich kann und mag", sagte er, und bereite damit vielen Menschen viel Freude. Keine schlechte Lebensbilanz.

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