"Der amerikanische Präsident ist nicht allmächtig"

Was bedeutet die Wiederwahl Obamas nun für Deutschland und Europa?Kremp: Ich denke, dass sich nicht allzu viel verändern wird. Möglicherweise werden die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland in Zukunft noch ein wenig enger, ein bisschen wärmer. Bisher waren sie ja relativ distanziert

Was bedeutet die Wiederwahl Obamas nun für Deutschland und Europa?Kremp: Ich denke, dass sich nicht allzu viel verändern wird. Möglicherweise werden die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland in Zukunft noch ein wenig enger, ein bisschen wärmer. Bisher waren sie ja relativ distanziert. In den Beziehungen zwischen Europa und den USA wird der Hauptfokus in den nächsten Jahren sicherlich auf der ökonomischen Entwicklung liegen. Das heißt: Die USA schauen auf die europäische Wirtschaft, die Europäer auf die amerikanische.

Wie ist es eigentlich zu erklären, dass Obama hierzulande so beliebt ist - ein Mitt Romney dagegen so gut wie keine Chance hätte? Ticken die Europäer und Amerikaner so unterschiedlich?

Kremp: Seit langem gibt es bei uns eine Tendenz der Schwarz-Weiß-Malerei, wenn es um den amerikanischen Präsidenten geht: etwa der "böse" Reagan, der "gute" Kennedy, der "böse" Romney, der "gute" Obama. Man verkennt hier oft, dass ein US-Präsident gleich welcher Partei immer auch auf die Gesamtheit seiner Landsleute Rücksicht nehmen muss. Es wird übersehen, dass er nicht allmächtig ist, nicht tun und lassen kann, was er will. Sondern dass ihm ein mächtiger Kongress gegenübersteht.

Dennoch: Selbst die Republikaner Richard Nixon oder Ronald Reagan genossen in Europa weit mehr Sympathien als Mitt Romney. Woran liegt das?

Kremp: Vermutlich liegt es daran, dass die Republikaner in den USA extremer geworden sind, sich zu einer stärkeren wirtschaftsliberalen Kraft entwickelt haben. Zu einer Partei der weißen Männer, wenn man so will. Andererseits sehe ich in der großen Sympathie für Obama hierzulande auch so etwas wie einen umgekehrten Rassismus: Das häufig negative Amerikabild als ein Land des Rassismus' wendet sich, Obama wird zum Heilsbringer vor allem für die Farbigen angesehen. Da schlägt das Stereotyp vom "besseren Amerika" und damit auch wieder das - hier fast buchstäbliche - Schwarz-Weiß-Denken durch.Foto: Oliver Dietze

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