Demokratie in der zweiten Reihe

Meinung:Demokratie in der zweiten Reihe

Von SZ RedakteurDietmar Klostermann

Das Kalkül des ARD-Unterhaltungskoordinators Thomas Schreiber ist aufgegangen: Mit der eigenmächtigen Nominierung von Xavier Naidoo zum deutschen Vertreter beim Eurovision Song Contest 2016 in Schweden hat er die größtmögliche Aufmerksamkeit erzielt. Kommentare fluten die sozialen Netze, die Medien geben alles, um dem "Mega-Thema" gerecht zu werden. Schreiber hat diese Publizität mit zwei Kniffen geschafft: Zum einen verdrängte er die Demokratie bei der ARD in die zweite Reihe, indem er den ESC-Sänger nach eigenem Gusto bestimmte. Zum anderen nahm er mit Naidoo einen Sänger, der schillernder nicht sein kann. Der Sohn Mannheims hat den Sommermärchen-Hit gesungen, zig Musikpreise gewonnen und ist TV-Moderator. Gleichzeitig spricht er bei den rechtspopulistischen "Deutschen Reichsbürgern" und singt schwulenfeindliche Lieder. Da hört der Spaß, den die ARD mit der Nominierung hat, auf. Wenn die ARD bei der Telefonabstimmung in Europa auf dieser Stimmung surfen will, nur um nicht wieder Letzter zu werden, ist das kein Sieg der Kunst, sondern unanständig.

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