Debatte um Pegida ebbt nicht ab

Berlin · Die Demonstrationen der islamkritischen Initiative Pegida sorgen weiter für Diskussionen. Während Ex-Minister Friedrich die Kanzlerin scharf angreift, schlagen die Kirchen Alarm und rufen zum Dialog auf.

Schwere Attacken des früheren Bundesinnenministers Hans-Peter Friedrich (CSU ) auf Angela Merkel: Im "Spiegel" machte er die Kanzlerin für das Entstehen der islamkritischen Pegida-Bewegung und das Erstarken der AfD mitverantwortlich. Außerdem hielt Friedrich der Kanzlerin vor, "im Mainstream der stimmungsabhängigen Meinungsumfragen" zu schwimmen. "Wenn wir immer nur in der Mitte zusammen mit SPD und Grünen um Wähler werben, ist es am Ende reiner Zufall, wo der Bürger sein Kreuz macht. Die Union braucht endlich wieder ein klares Profil", sagte der CSU-Politiker.

CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt wies ihren Parteifreund scharf zurück. Friedrich war bis vor einem Jahr Bundesinnenminister und wurde nach Zustandekommen der großen Koalition Bundeslandwirtschaftsminister. Im Zuge der Affäre um den SPD-Politiker Sebastian Edathy trat er zurück und klagte danach über mangelnden Rückhalt durch Merkel und CSU-Chef Horst Seehofer .

Wie Friedrich mahnte auch der CDU-Innenexperte Wolfgang Bosbach verstärkte Anstrengungen um die konservative Wählerklientel an. Derweil betonte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU ) in der Diskussion über den Umgang mit Pegida den Nutzen von Zuwanderung. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, sagte, man müsse den Demonstranten klar machen, dass ihre Ängste unbegründet seien. Bedford-Strohm nannte es "unerträglich, wenn Menschen da auf die Straße gehen gegen noch Schwächere". Der sächsische Landesbischof Jochen Bohl zeigte sich zu Gesprächen mit der Bewegung bereit. Vorstellbar sei ein Forum nach Art des "Runden Tisches".

Unterdessen entwickelt sich eine Online-Petition gegen "Pegida" zum Internethit: Bis Sonntagnachmittag wurden 170 000 Unterschriften gezählt. Der Aufruf "Für ein buntes Deutschland" war am Tag vor Heiligabend von einem Privatmann aus Hannover, Karl Lempert, auf change.org gestartet worden. Sein Ziel sind eine Million Unterschriften. In Lemperts Aufruf heißt es: "Jetzt ist die Zeit zu bekennen, dass 'Wir sind das Volk!' unabhängig von Herkunft, Hautfarbe, Religion oder was auch immer gilt und weiter gelten muss."

Meinung:

Alter Hut, neu aufgesetzt

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Betont konservative Unionsleute sangen schon zuhauf Klagelieder über das verwässerte Profil ihrer Partei. Hans-Peter Friedrich verpackt diese Vorwürfe nur etwas zeitgemäß, indem er den pragmatischen Kanzlerinnen-Kurs als Grund für das Erstarken von Pegida-Protesten und AfD deutet. Doch mit Verlaub, das ist Unsinn. Die Pegida-Demonstranten sind ein ziemlich diffuser Haufen. Soll die Union diesen Leuten hinterherrennen? Besser nicht. Wie übrigens auch nicht der AfD, die durch ihre Fundamentalkritik am Euro politisch groß geworden ist. Hätte die Union die Euro-Rettungspakete also nicht schnüren sollen? Wahlen werden in der Mitte gewonnen. Dort ist die Union dank Merkel gut verankert.

Zum Thema:

Am RandeDie Terroristen vom "Islamischen Staat" (IS) freuen sich nach Einschätzung des Publizisten und Ex- CDU-Abgeordneten Jürgen Todenhöfer über die gegenwärtige Pegida-Bewegung in Deutschland. "Eine Eskalation treibt ihnen neue Kämpfer zu", sagte er der "Welt". Pegida spiele das Spiel des IS, "natürlich ungewollt". Todenhöfer hatte jüngst im Irak und in Syrien zahlreiche deutsche Islamisten getroffen. Nach Todenhöfers Worten sind die IS-Kämpfer überzeugt davon, eine "historische Mission" zu erfüllen. Nach der Ideologie der Terroristen , die seit Monaten weite Teile Syriens und des Irak besetzt halten, müssten alle Muslime sterben, die De mokratie bejahten. epd

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