De Maizière steht wieder unter Druck

Berlin · Harte Zeiten für Innenminister Thomas de Maizière: Gleich mehrere Affären hängen ihm an – vom Sturmgewehr G36 über die NSA/BND-Affäre bis hin zum Fall Edathy. Zu allem musste er Stellung nehmen.

Es hat Seltenheitswert, dass ein Minister binnen weniger Tage drei Ausschüssen, darunter zwei Untersuchungsausschüssen, Rede und Antwort stehen muss. Die Zeiten sind turbulent für Innenminister Thomas de Maizière (CDU ).

Gestern erklärte er zunächst rund zwei Stunden lang dem Verteidigungsausschuss des Bundestages, welche Rolle er beim Debakel um das offenbar nicht zuverlässig schießende Sturmgewehr G36 gespielt hat. Freiwillig, wohlgemerkt. Als Innenminister wäre er dazu nicht verpflichtet gewesen. Aber ansonsten hätte die Opposition wohl auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gedrängt. An seiner Seite: die amtierende Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU ). Beide waren sichtlich darum bemüht, große Harmonie zu zeigen.

De Maizière war von 2011 bis 2013 Verteidigungsminister. Seit März 2012 sollen ihm Berichte über vermeintliche Präzisionsprobleme beim G36 bekannt gewesen sein. Doch im Ausschuss räumte er keine Fehler ein. Die in seiner Amtszeit von ihm angeforderten Untersuchungen hätten stets ergeben, dass das G36 "voll einsatzfähig ist, ein gutes Gewehr ist." Das sei ihm auch von soldatischer Seite bestätigt worden. "Das war mein Lagebild am Ende meiner Amtszeit." Von der Leyen betonte nach der Sitzung: "Wir haben beide dieselbe Sicht auf die Dinge." Ihr hätten aber "dank der Vorarbeiten von Thomas de Maizière" neue Fakten zur Verfügung gestanden. Als ob kein Blatt Papier zwischen sie passen würde, so redeten beide vor den Mikrofonen.

In den letzten Wochen war jedoch ein ganz anderer Eindruck entstanden: Von der Leyen hatte die seit Jahren laufenden Beschwerden über das Schießeisen beherzt aufgegriffen, sie betraute Kommissionen mit der Aufklärung und erklärte das Gewehr selbst zum Auslaufmodell. De Maizière stand prompt da wie ein durch von der Leyen begossener Pudel. Sie, die starke Aufklärerin, er derjenige, der seinen Laden nicht im Griff gehabt hat. Ähnlich war das schon vor zwei Jahren, als der Minister im Zentrum des Beschaffungsskandals um die sündhaft teure Drohne Euro-Hawk stand.

De Maizière weiß, sein Markenzeichen steht auf dem Spiel: die Zuverlässigkeit. Er ist ein fleißiger Arbeiter im Weinberg seiner Herrin Angela Merkel, unaufgeregt, sachlich, präzise. Doch der Ruf ist derzeit ziemlich ramponiert. Denn der Wahl-Dresdner muss noch an weiteren Fronten kämpfen. Als ehemaliger Kanzleramtschef von 2005 bis 2009 und Wächter über den BND ist er auch noch ins Visier des NSA-Ausschusses geraten, in dem er kommende Woche aussagen muss. Erneut geht es um seine Zuverlässigkeit. Hat er als Kanzleramtschef von den amerikanischen Spionagemethoden etwas gewusst? War ihm die Rolle des BND diesbezüglich bekannt? Der Vorwurf der Wirtschaftsspionage steht im Raum. Und damit wieder die Frage, ob de Maizière die Übersicht verloren hatte.

Beim G36 half ihm von der Leyen gestern etwas aus der Patsche. Am Abend musste er dann noch im Untersuchungsausschuss zur Edathy-Affäre als Zeuge aussagen. Die Mitglieder wollten von de Maizière wissen, wann er von dem Kinderporno-Verdacht gegen den früheren SPD-Abgeordneten erfuhr - viele brisante Themen sind im Moment mit seiner Person verbunden.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort