De Maizière für harte Enscheidungen

Berlin · Der Bundestag hat gestern in erster Lesung über das Gesetzespaket zur Asylpolitik debattiert. Union und SPD unterstützten ihre gemeinsame Initiative, die Linke sprach dagegen von einer „Abschreckungspolitik“ gegenüber den Flüchtlingen.

Katrin Göring-Eckardt bat zum Gedankenexperiment. Wenn alle 630 Bundestagsabgeordneten wie die Flüchtlinge ebenfalls wochenlang in einer Messehalle wohnen und schlafen müssten, "Kauder neben Wagenknecht", dann werde das auch nicht ohne Reibereien abgehen. "Wir können ja mal den Test machen", sagte die Grünen-Fraktionschefin gestern.

Den Test bestand das Parlament in der ersten Debatte um das große Gesetzespaket zur Flüchtlingsproblematik lange Zeit, zumal Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU ) zu Beginn mahnte, sich "nicht gegenseitig zu bekämpfen". Die Gesetzesinitiative, mit der die Verfahren beschleunigt und Wirtschaftsflüchtlinge deutlicher von Kriegsflüchtlingen getrennt werden sollen, ist nicht nur eine Gemeinschaftsinitiative von SPD und Union. Sie ist auch mit den Ländern verhandelt, die viel Geld bekommen und demzufolge fast alle zustimmen werden. Auch die von den Grünen mitregierten. Und so gab es immer wieder breiten Beifall. Allerdings, Boris Pistorius, Innenminister Niedersachsens (SPD ), nutzte seine Redemöglichkeit von der Bundesratsbank, um vor der Illusion zu warnen, dass nun alles geregelt sei. Die Erstaufnahmekapazitäten seien ausgeschöpft, die Helfer am Ende. "Wir brauchen bald einen Plan B für den Fall eines Unterbringungsnotstandes."

Einzig die Linken sind grundsätzlich gegen die Vorhaben, weil, so ihre innenpolitische Sprecherin Ulla Jelpke , das Ganze eine "Abschreckungspolitik" darstelle. Noch-Fraktionschef Gregor Gysi beschäftigte sich lieber mit den internationalen Aspekten. Dass so viele Menschen flüchteten, habe mit mangelnder Entwicklungshilfe, Rüstungsexporten und falschen Bundeswehreinsätzen zu tun.

In Göring-Eckardts gedachtem Flüchtlingslager namens Bundestag hatte die größte Gruppe, die Union, sowieso stark mit sich selbst zu tun, genauer gesagt mit der Ehrenrettung ihres angeschlagenen Innenministers Thomas de Maizière. Der hielt eine markige Rede, in der die Worte "klar sagen" und "harte Entscheidungen" häufig vorkamen. De Maizière wiederholte auch seinen Gedanken, dass Europa mittelfristig, "feste, großzügige Kontingente" für die Aufnahme von Asylbewerbern brauche, "die dann auch die Grenze der Aufnahmefähigkeit definieren". Es war auffällig, wie stark die Unionsfraktion hinterher klatschte, wie Fraktionschef Volker Kauder zu ihm eilte, um ihm zu gratulieren. Wie dann auch Angela Merkel sich zur Gratulation erhob und wie die Kanzlerin später noch zu Unions-Fraktionsvize Thomas Strobl lief, um ihm etwas zuzuflüstern. Das war, als Göring-Eckardt den Innenminister wegen seiner "langen Kette des Versagens" anging. Was Merkel zu Strobl sagte, ist unbekannt, bekannt ist, dass der seine anschließende Rede mit dem Satz begann: "Unserer besonderer Dank gilt dem Mann, der sich in den letzten Wochen abgerackert hat: Thomas de Maizière". Beifall seiner Fraktion. Die anderen schauten stumm zu.

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