Davids sieben Sünden

London · Das Brexit-Votum war für David Cameron nicht nur eine schallende Ohrfeige – es war ein Aufwärtshaken mit K.o.-Wirkung. Seine Europapolitik ist grandios gescheitert. Er hat viele Fehler gemacht.

Großbritannien hat sich für den Austritt aus der EU entschieden - gegen den Willen seines Premierministers David Cameron . Dieser hat in den sechs Jahren seiner Amtszeit europapolitisch so ziemlich alles in den Sand gesetzt, was er in die Finger kriegen konnte. Die sieben großen Fehler des David Cameron in der Europapolitik :

1. EU-Kritik: David Cameron hat sechs Jahre lang kein gutes Haar an der EU gelassen. Mit zum Teil völlig übertriebenen Einlassungen machte er Brüssel schlecht, wo es nur ging. "Die hat Großbritannien nicht mit Regulierungen gefesselt und sie hat nicht der Staatskasse Geld entzogen", sagt Robin Niblett von der angesehen Denkfabrik Chatham House .

2. Suche nach einem Schuldigen: Cameron hat stets mit dem Finger in Richtung Brüssel gezeigt, wenn in Großbritannien etwas schief lief. "Die EU für alles verantwortlich zu machen, war eine reine Verdrängungs-Strategie", sagt Niblett.

3. Wirtschaftshörigkeit: Großbritannien definiert seit Margaret Thatcher die EU als reinen Wirtschaftsclub. Der Börsianer-Sohn Cameron hat nie etwas dagegen getan. Seine Frage lautet stets: "Haben wir etwas davon?", und er meinte damit Pfund Sterling. Die politische Dimension Europas spielte für ihn nie eine Rolle.

4. Parteipolitik über Europapolitik : Cameron hat als Europapolitiker den Kardinalfehler begangen, Parteiinteressen über internationale Interessen zu stellen. Um den aufmüpfigen rechten Flügel seiner Tories zu besänftigen und den EU-Gegner Nigel Farage im Zaum zu halten, hat er Anti-Europa-Politik gemacht und so getan, als könnte Großbritannien über die Verbindung zum Commonwealth alte Großmacht-Fantasien neu erwecken.

5. Der Rückzieher: Cameron dachte lange, er könnte die anderen 27 EU-Länder erpressen und mit dem Druckmittel Brexit zu Zugeständnissen zwingen - das misslang. Das mäßige Verhandlungsergebnis versuchte er dennoch als Riesenerfolg zu verkaufen und zeigte sich fortan in den Monaten vor dem Referendum als glühender EU-Verfechter. "Im Kreise unserer Freunde geht es uns besser", heuchelte er. 6. Die Selbstüberschätzung: David Cameron , 2010 als einer der jüngsten Premierminister in der Geschichte Großbritanniens ins Amt gewählt, wurde von den politischen Eliten nie so ganz ernst genommen. Er musste und wollte sich profilieren. Das tat er, indem er aufs Ganze ging, nach dem alten englischen Fußballer-Prinzip Kick 'n Rush.

7. Die Austerität: Cameron hat mit seiner strengen Sparpolitik bewusst vor allem die kleinen Leute getroffen. Über Jahre machte er die Armen noch ärmer, nahm Leistungen aus dem Gesundheitssystem, schloss Bibliotheken und Sozialdienste, um die von der Bankenkrise ausgelösten Staatsschulden zu tilgen. Damit schuf er den Boden, auf dem die Unzufriedenheit der Protestwähler wachsen konnte.

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