Das Problem mit dem Schlussstrich

Andechs · Am liebsten hätte die CSU-Spitze die Affäre um die „Familienbetriebe“ ihrer Landtagsabgeordneten schon abgehakt. Doch um Fragen dazu konnte man sich bei der Klausurtagung im Kloster Andechs nicht drücken.

Es war von der CSU-Regie so schön geplant: Eine harmonische Vorstandsklausur auf dem "Heiligen Berg" des Klosters Andechs, flankiert von berauschenden Umfrageergebnissen, sollte den Wahlkampfauftakt für das Superwahljahr 2013 bilden. Doch es kam wegen der "Abgeordnetenaffäre" anders, als es sich die Strategen vorgestellt hatten. Die Ausläufer des politischen Erdbebens, das die Affäre um die Beschäftigung von Familienangehörigen von CSU-Landespolitikern ausgelöst hatte, erschütterten auch Andechs. CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt wollte unbedingt einen "Schlussstrich" erkennen, der durch den Rücktritt von Landtagsfraktionschef Georg Schmid und die rasche Installierung von Christa Stewens als Nachfolgerin gezogen worden sei. Er konnte aber nicht verhindern, dass immer wieder nach den "Selbstbedienern" in der CSU-Fraktion und nicht nach dem tollen Wahlprogramm gefragt wurde.

Wieder einmal mussten die Akteure sich in trotzigen Optimismus flüchten. Der gesamte Vorstand, formulierte Parteichef Horst Seehofer etwas eigenartig, sei "durchblutet und beseelt vom Willen zum Erfolg". Seehofer ist überzeugt: Die Affäre der steuerfinanzierten Familienbetriebe von CSU-Parlamentariern ist für die CSU gefährlich, kann aber gemeistert werden, wenn richtig reagiert und die Absahner-Praxis "nicht geduldet" wird. Das gebe im CSU-Ansehen eine "Delle", aber keine nachhaltige Beschädigung, sagte der CSU-Chef. Der Partei verordnete Seehofer ein "Höchstmaß an Transparenz".

Trotz aller Aufregung um die bayerische CSU-Abgeordnetenaffäre gelang es Seehofer aber doch noch, einige inhaltliche Akzente zu setzen. Besonders in der Steuerpolitik. Mit beiden Unionsparteien werde es keine Steuererhöhungen nach der Wahl geben, so Seehofer: "Das kann ich Ihnen sicher zusagen." Im Gegenteil lockt die CSU wieder mit Senkungen, wenn auch in deutlich moderaterer Form als früher. So wolle man die Progression abflachen, weil auch Klein- und Mittelverdiener dadurch ständig heimliche Steuererhöhungen auferlegt würden. Den Pauschbetrag für Arbeitnehmer will die CSU auf 1500 Euro erhöhen. Als Aufregerthema wollen die Christsozialen mit der Idee in den Wahlkampf ziehen, den einzelnen Bundesländern Zu- oder Abschläge zur Einkommensteuer zu gestatten.

Kompromissbereit gab sich Seehofer gegenüber Forderungen, die im Steuerrecht geltende strafbefreiende Selbstanzeige abzuschaffen oder einzuschränken. "Wir sind darüber gesprächsbereit", sagte Seehofer. Er könne sich vorstellen, dass künftig bei großen Summen und bestimmten Hinterziehungspraktiken die Strafbefreiung abgeschafft werden könnte.

Der bayerische Wähler meint es offensichtlich noch immer gut mit der CSU - zumindest laut einer von der CSU bestellten Umfrage. Demnach kann die Partei bei der Landtagswahl mit 48 Prozent der Stimmen rechnen. Die Umfrage wurde allerdings vor dem vergangenen Mittwoch abgeschlossen. Am Donnerstag trat CSU-Landtagsfraktionschef Schmid zurück.

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HintergrundDie stellvertretende CSU-Generalsekretärin Dorothee Bär hat nach einem "Spiegel"-Bericht ihren Lebensgefährten bis zu ihrer Hochzeit 2006 in ihrem Bundestagsabgeordnetenbüro beschäftigt. Ferner habe sie über mehrere Jahre die Lebensgefährtin ihres Vaters beschäftigt. Nichteheliche Lebensgemeinschaften fallen nach Angaben des Bundestages jedoch nicht unter das Abgeordnetengesetz. Bär sieht sich deshalb auch zu Unrecht in Zusammenhang mit der Gehälteraffäre um Mitarbeiter von CSU-Landtagsabgeordneten gebracht. Das schrieb sie auf ihrer Homepage. dpa

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