Das Prinzip Hoffnung

Montreux · Unter schwierigen Vorzeichen beginnt morgen in der Schweiz die internationale Syrien-Friedenskonferenz – ohne den Iran. Den hat UN-Generalsekretär Ban Ki Moon im letzten Moment wieder ausgeladen.

Nach drei Jahren Bürgerkrieg und mehr als 130 000 Toten soll die Syrien-Konferenz in der Schweiz die Weichen für eine Friedenslösung stellen. Am heutigen Mittwoch starten die Gespräche in Montreux. Beobachter bezeichnen sie als letzte Chance der internationalen Diplomatie in dem Konflikt. Unmittelbar vor Beginn des Treffens erhoben Menschenrechtler schwere Foltervorwürfe gegen das Regime von Präsident Baschar al-Assad. Die britische Tageszeitung "Guardian" und der US-Nachrichtensender CNN berichteten gestern, dass 11 000 Gefangene grausam gequält und getötet worden sein sollen.

Die neuen Vorwürfe gegen Assad stützen sich auf Tausende Bilder eines ins Ausland geflüchteten syrischen Polizei-Fotografen und enthalten Hinweise auf systematische Folterung und massenhafte Tötung von Gefangenen. CNN und der "Guardian" beriefen sich auf Angaben von drei internationalen Rechtsanwälten, die in der Vergangenheit als Staatsanwälte an den UN-Tribunalen für Jugoslawien und Sierra Leone gewirkt hatten. Sie hatten das Material des syrischen Überläufers ausgewertet. Der Mann mit dem Decknamen "Caesar" soll es auf elektronischen Datenträgern aus dem Land geschmuggelt haben. Viele der Bilder zeigten demnach Leichen mit Folterspuren.

Unterdessen ging der Streit um die Ein- und spätere Ausladung des Iran vor der Syrien-Konferenz weiter. Nur Stunden vor Beginn des Treffens in Montreux hatte UN-Generalsekretär Ban Ki Moon nach heftiger Kritik seine Einladung an den Iran wieder zurückgezogen. Er sei "zutiefst enttäuscht", dass der Iran sich entgegen vorheriger Zusagen nicht offiziell zu den Grundlagen und Zielen der Konferenz bekannt habe, hieß es in New York. Die syrische Opposition sagte daraufhin ihre Teilnahme zu, die zeitweilig auf der Kippe gestanden hatte. Teheran ist einer der wenigen engen Verbündeten des Assad-Regimes.

Irans Außenminister Mohammed Dschawad Sarif bezeichnete die Ausladung als "äußerst bedauerlich". Ban hätte den Mut haben sollen zuzugeben, dass der wahre Grund für die Ausladung Druck von den USA und "bestimmten Gruppen" gewesen sei und nicht Aussagen von iranischer Seite. Russlands Außenminister Sergej Lawrow sprach in Moskau von einem Fehler, der aber keine Katastrophe sei. Die syrische Opposition und die US-Regierung begrüßten die Entscheidung Bans. Die Sprecherin des US-Außenministeriums Jen Psaki erklärte, alle Parteien könnten sich jetzt auf die Arbeit konzentrieren, die darin bestehe, das Leiden des syrischen Volkes zu beenden und den lange überfälligen Prozess eines politischen Übergangs zu beginnen.

Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) sagte gestern nach einem Treffen mit seinem französischen Amtskollegen Laurent Fabius in Paris: "Wir müssen vorsichtig sein mit den Erwartungen. Es wird nicht den großen Friedensdurchbruch geben." Stattdessen müsse man sich "in kleinen Schritten" an eine politische Lösung heranarbeiten, beispielsweise durch eine Vereinbarung auf Kampfpausen oder humanitäre Korridore. Sein Kollege Fabius ergänzte: "Es kann nur eine politische Lösung geben." Bei den heute in Montreux beginnenden Gesprächen wird Steinmeier mit am Tisch sitzen.

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