"Das Konzil war Zeitgeschehen - Wir müssen es weiterschreiben"

50 Jahre nach Beginn des Konzils: Wie hoch ist aus Ihrer Sicht sein Stellenwert?Brahm: Es ist für uns das prägendste aller 20 Konzilien der Geschichte. Sein Schlüsselwort war der Dialog. Es ging darum, das Gespräch der Kirche mit der Welt neu in Gang zu bringen und zu vertiefen. Aber auch innerkirchlich sind unsere Beratungen viel intensiver geworden

50 Jahre nach Beginn des Konzils: Wie hoch ist aus Ihrer Sicht sein Stellenwert?Brahm: Es ist für uns das prägendste aller 20 Konzilien der Geschichte. Sein Schlüsselwort war der Dialog. Es ging darum, das Gespräch der Kirche mit der Welt neu in Gang zu bringen und zu vertiefen. Aber auch innerkirchlich sind unsere Beratungen viel intensiver geworden. Vor dem Konzil gab es eine Einbahnstraße von oben nach unten.

Sehen Sie Defizite bei der Umsetzung der Konzilsbeschlüsse?

Brahm: Wir haben eine Reihe von Themen zu lösen, aber das Entscheidende wird sein, das Zentrale der Botschaft Jesu immer wieder an die nächste Generation zu vermitteln. Daher ist auch die aktuelle Bischofssynode in Rom der Neuevangelisierung gewidmet. Dabei geht es nicht nur um Verkündigung, sondern auch darum, den Glauben zu leben, griffig zu machen.

Kritiker machen heute Rückschritte gegenüber dem Konzil aus - etwa die Renaissance von Latein und altem Ritus? Gibt der Vatikan hier den Konservativen zu sehr nach?

Brahm: Der Präfekt der Glaubenskongregation hat klargestellt: Es gibt keine Kompromisse, die katholische Gemeinschaft muss das Konzil mittragen. Und der Papst hat stets deutlich gemacht, dass das Vatikanum in der Linie aller Konzilien steht. Latein als Sprache der Liturgie ist aber nie abgeschafft worden. Und manchem fehlt in der heutigen Liturgie die Mystik. Im Alltag unserer Diözese ist das aber unbedeutend. Nur in zwei saarländischen Kirchen wird die Liturgie im alten, außerordentlichen Ritus gefeiert.

Und wie passen zum Konzil Veränderungen der Karfreitagsfürbitte, die wieder darauf zielt, dass Juden Christen werden mögen?

Brahm: Die Kirche hat im Konzil das Verhältnis zu den Juden neu geklärt. Aber natürlich wollen wir, was wir für gut und richtig halten, an andere weitergeben. Dass die Veränderung bei der Karfeitagsfürbitte aber für eine kleine, konservative Gruppe gemacht wurde, hat verständlicherweise zu Irritationen geführt. Dieses Thema spielt in unserer Diözese jedoch keine Rolle.

Reichen die Konzilbeschlüsse noch aus, um die Laien in die Kirche einzubinden?

Brahm: Das Konzil hat das Verhältnis von Laien und Klerikern neu definiert. Der Rahmen bietet nach innen und nach außen großartige Möglichkeiten. Aber das Konzil war Zeitgeschehen. Wir müssen es weiterschreiben.

Heißt das, ein neues Konzil?

Brahm: Im Moment sehe ich dafür keine große Notwendigkeit. Nach dem Jahr 2000 gab es schon vier große Synoden auf Ebene der Weltkirche. Und für den Dialog sind auch die Synoden-Versammlungen wichtig, wie sie Bischof Ackermann jetzt für unsere Diözese angekündigt hat.

Lassen sich so große Fragen wie Zölibat und Sexualmoral lösen?

Brahm: Mit Blick auf die offenen Streitfragen wie zum Beispiel die Sexualmoral gibt die Weltkirche ein breites Rahmengerüst. Es liegt an uns in der deutschen Kirche, das zu konkretisieren. Moral hilft ja nur, wenn ich sie verstehen kann. Zu manchem müssen wir aber erst eine Sprache finden, die unsere Position verdeutlicht.

Wo kann die katholische Kirche in Deutschland ansetzen?

Brahm: In Deutschland befassen wir uns auf Initiative der Bischofskonferenz mit der Rolle der Frau, der Sexualmoral und dem Umgang mit wiederverheirateten Geschieden - auch im kirchlichen Dienst. Da können die Bischöfe viel bewirken. Die Unauflöslichkeit der Ehe können wir nicht aufheben, aber wie wir mit den Betroffenen umgehen, müssen wir hier entscheiden. Da kann uns der Papst nicht helfen. Foto: bub

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