CSU will Flüchtlinge ohne Papiere abweisen

Berlin/München · Viele Flüchtlinge gelangen ohne Pass nach Deutschland. Die CSU will das nicht länger dulden – und erntet zum Teil heftigen Widerspruch.

Die CSU heizt den Streit über die Asylpolitik weiter an und will Flüchtlinge ohne Papiere direkt an der deutschen Grenze abweisen lassen. Die Einreise dürfe nur dann möglich sein, "wenn auch gültige Ausweisdokumente vorgezeigt werden können", heißt es in einer Beschlussvorlage für die Klausurtagung der CSU-Bundestagsabgeordneten Anfang Januar in Wildbad Kreuth. Der Koalitionspartner SPD reagierte mit klarer Ablehnung. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU ) erklärte dazu, es seien "zur Zeit keine weiteren Änderungen geplant". Er betonte, die Lage habe sich verbessert. "Die Zahl der Flüchtlinge ist leicht rückläufig." Die Wiedereinführung von Grenzkontrollen im September habe sich als richtig erwiesen. Mit Hochdruck werde daran gearbeitet, jeden Flüchtling vor dem Verteilen in die Länder zu registrieren.

Die SPD widersprach der CSU-Forderung nach Abweisungen an der Grenze. "Es gibt Menschen, denen es nur mit gefälschten Papieren gelingt, vor Verfolgung zu fliehen, und die ihre Papiere auf der Flucht vernichten, um ihre Spuren zu verwischen", sagte Fraktionsvize Eva Högl der "Rheinischen Post". Jeder Fall sei zu prüfen. "Auch ohne Papiere." SPD-Generalsekretärin Katarina Barley warf der CSU vor, mit immer neuen Vorstellungen Verunsicherung zu erzeugen. "Das ist nicht verantwortungsvoll und stärkt Ressentiments gegenüber Flüchtlingen", sagte sie der Funke-Mediengruppe.

Die CSU argumentiert, durch falsche Angaben oder bewusst vernichtete Papiere würden Asylverfahren verschleppt oder unmöglich gemacht. "Die Beschaffung von Ersatzpapieren kann auch in einem unserer sicheren Nachbarstaaten erfolgen", heißt es im Entwurf. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt verwies darauf, dass eine Einreise ohne Ausweis schon jetzt strafbar sei. "Darum geht es, dass geltendes Recht auch angewandt wird", sagte sie im Bayerischen Rundfunk.

Die Gewerkschaft der Polizei kritisierte, dies helfe nicht weiter. Wesentlich wichtiger wäre, alle Ankommenden erkennungsdienstlich zu behandeln - dazu gehört etwa, Fingerabdrücke zu nehmen. Dies sei aber nur bei fünf bis acht Prozent der Einreisenden der Fall. Die Organisation Pro Asyl warf der CSU "gefährlichen Aktionismus auf Kosten der Menschenrechte von Flüchtlingen" vor. Die meisten könnten nur ohne gültige Papiere und illegal fliehen.

Die CSU fordert zudem, im Zuge einer europäischen Asyl-Neuregelung herauszustellen, "dass das Recht auf Asyl nur ein Recht auf Zeit ist". Schon als Teil des Verfahrens sollten Bewerber daher ihren Wunsch erklären, etwa nach Ende eines Krieges "in das Heimatland zurückkehren zu wollen, um beim Wiederaufbau zu helfen". Die CSU pocht auch weiter auf eine Begrenzung der Flüchtlingszahlen in Deutschland. In einem neuen europäischen Asylsystem müsse dafür die Einführung von "nationalen sowie europäischen Obergrenzen" ermöglicht werden. CDU und SPD lehnen eine Obergrenze strikt ab. Der CDU-Parteitag hatte jüngst auch Zurückweisungen an der Grenze eine Absage erteilt.

Meinung:

Ausnahme und Regel

Von SZ-KorrespondentStefan Vetter

Transitzonen, Obergrenzen, Integrationspflicht und jetzt noch Einreiseverbote für Flüchtlinge ohne Papiere - wer die Forderungen der CSU schon immer als Populismus pur abgetan hat, dürfte sich einmal mehr bestätigt fühlen. Allerdings macht er es sich damit zu einfach. Beim Einreiseverbot hat die CSU zunächst einmal nur an geltendes Recht erinnert. Wer legal in Deutschland einreisen will, braucht dazu einen Pass und häufig auch ein Visum. Anders kann ein souveräner Staat übrigens nicht funktionieren. Im Asylgesetz sind aber Ausnahmen verankert. Demnach sind auch Einreisen möglich, wenn es aus "humanitären Gründen" geboten erscheint. Das Problem aus Sicht der CSU ist, dass die Ausnahme zur Regel geworden ist. Und damit steht sie nicht allein. Auch CDU und SPD haben sich inzwischen zu einer Reduzierung der Flüchtlingsströme bekannt.

Zum Thema:

HintergrundZum Schutz von Asylunterkünften will das bayerische Innenministerium Ehrenamtliche der Sicherheitswacht einsetzen. Die Freiwilligen sollten helfen, das Sicherheitsgefühl der Flüchtlinge zu steigern und Straftäter abzuschrecken, berichtete der Bayerische Rundfunk. Die Mitglieder der Sicherheitswacht tragen keine Waffen, dürfen aber Personen befragen, Personalien feststellen und einen Platzverweis erteilen. dpa

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