CSU hat einen Berg voller Probleme

München. In der Geschichte der CSU-Winterklausuren in Wildbad Kreuth gab es noch wenige Treffen, bei denen die Zukunft so düster erschien, und Freund und Feind den Donner aus den Tegernseer Bergen so wenig fürchteten wie diesmal. Die CSU regiert zwar im Bund wie in Bayern mit, doch in beiden Fällen stehen die Zeichen auf Sturm

München. In der Geschichte der CSU-Winterklausuren in Wildbad Kreuth gab es noch wenige Treffen, bei denen die Zukunft so düster erschien, und Freund und Feind den Donner aus den Tegernseer Bergen so wenig fürchteten wie diesmal. Die CSU regiert zwar im Bund wie in Bayern mit, doch in beiden Fällen stehen die Zeichen auf Sturm. Zum ersten Mal seit 54 Jahren muss die CSU mit einem Machtverlust im Stammland Bayern rechnen. Für Kraftmeiereien gibt es da eigentlich keinen Grund, doch die besonnene Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt und der durchaus risikofreudige Parteichef Horst Seehofer werden alles tun, ihre Partei als Fels in der Brandung, Motor der Berliner Koalition und Kompass der Union darzustellen. Schon im Vorfeld haben die Propagandisten einiges getan, um die CSU im Gespräch zu halten. Hasselfeldt forderte eine Änderung des Grundgesetzes, um der NPD den Geldhahn abzudrehen, und verlangte, nicht sanierungswilligen Ländern den Euro wieder wegzunehmen. Parteichef Seehofer meldete sich mit lauter Skepsis an der von der CSU mit beschlossenen Rente mit 67 zu Wort und rollte dem ehemaligen Shooting-Star Karl-Theodor zu Guttenberg wieder ein Stückchen roten Teppichs aus.Still geworden ist es freilich um frühere Kreuther "Knüller", etwa um die Pkw-Maut. Dasselbe gilt für Steuersenkungspläne. Nicht erfolgreich entwickelt sich auch die von der CSU glühend unterstützte Bundespräsidentschaft von Christian Wulff.

Still geworden ist es daher auch um das CSU-Wahlziel "50 Prozent plus X", das Seehofer früher sogar einmal auf "55 plus X" hebeln wollte. Doch das ist lange her. Heute folgt die Parteiführung der Erkenntnis des Politikwissenschaftlers Heinrich Oberreuter, wonach "50 plus X" illusorisch sei und die CSU froh sein könne, wenn sie ihre "dominante Rolle im bayerischen Parteiensystem" noch eine Weile verteidigen könne. Da bleibt vor allem eines: Immer wieder auf die nach wie vor gute Lage Bayerns unter den Ländern hinweisen.

Niemals werden die CSU-Oberen vor den in Kreuth wartenden Kameras zugeben, dass "der Kreuther Geist 2012 Christian Ude" heißt, wie die "Augsburger Allgemeine" kürzlich titelte. Doch der drohende Machtverlust bei der Landtagswahl 2013 ist es, der die Christsozialen am meisten umtreibt. Würde die CSU im Stammland in der Opposition landen, wäre ihre Existenz bedroht. Darüber möchte nicht einmal Alois Glück, Vordenker der Partei, laut vordenken. Die CSU bewege sich zwar "auf sehr unsicherem Gelände", räumte Glück ein, aber zu Spekulationen, was mit einer CSU in der Opposition passieren könnte, sehe er "keinen Anlass".

Kaum eine Kreuther Klausur ohne Personalie. In diesem Jahr trägt sie - nicht zum ersten Mal - den Namen Guttenberg. Persönlich wird "der Geölte" (Kabarettist Urban Priol) im Tegernseer Hochtal wohl nicht aufschlagen, aber er dürfte für einige Diskussionen sorgen. In der CSU-Führungs- und Mandatsträgerebene ist der ehemalige Bundesverteidigungsminister überwiegend nicht mehr sonderlich gut gelitten, nachdem er sich aus den USA mit besserwisserischen und auch CSU-kritischen Kommentaren zu Wort meldete. Reihenweise gaben Funktionäre damals distanzierende bis sehr kritische Bemerkungen über Guttenberg zu Protokoll. Doch an der Parteibasis hoffen viele noch immer auf "KTG" als Erlöser aus dem Elend.

Meinung

Die Lage war

nie ernster

Von SZ-MitarbeiterRalf Müller

Der CSU geht es derzeit wirklich "nass nei", wie es in Bayern heißt. Die Koalition auf Bundesebene wird auch von wohlmeinenden Kommentatoren nicht als Erfolgsgeschichte eingeordnet, und in Bayern signalisieren die Demoskopen zum ersten Mal seit Jahrzehnten Gleichstand mit dem politischen Gegner. Der Machtverlust wäre für die CSU der Super-Gau. Wer würde sie in Berlin noch ernst nehmen, wenn sie in Bayern nicht mehr an der Macht ist? Noch ist bis zur Landtagswahl 2013 viel Zeit. Aber die Nervosität wächst, weil die Bedrohungen für die eigene Mehrheit eher zu- als abnehmen - und weil nicht erkennbar ist, worin ein Befreiungsschlag bestehen könnte. Die Lage für die CSU war noch nie so ernst wie heute.

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