CSU geht auf Schmusekurs mit Merkel

München. Alexander Dobrindt genießt es, in der Münchener Messehalle von Mikrofon zu Mikrofon zu stolzieren. Dobrindt ist derjenige in der Union, der noch im Sommer am vehementesten den Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone gefordert hat und der damit die Kanzlerin und ihre Koalition gehörig in die Bredouille brachte

München. Alexander Dobrindt genießt es, in der Münchener Messehalle von Mikrofon zu Mikrofon zu stolzieren. Dobrindt ist derjenige in der Union, der noch im Sommer am vehementesten den Rauswurf Griechenlands aus der Eurozone gefordert hat und der damit die Kanzlerin und ihre Koalition gehörig in die Bredouille brachte. Jetzt muss sich der Generalsekretär einiger unangenehmer Fragen erwehren. Etwa, ob die CSU plötzlich weichgespült sei, und warum neuerdings moderate Töne in Sachen Eurokrise angeschlagen würden. "Die CSU hat rote Linien, und die wird sie auch verteidigen", hält Dobrindt dagegen. Das mag sein. Nur scheint die Partei dies (vorerst) nicht mehr laut und wuchtig tun zu wollen.Angela Merkel wird das freuen. Als die Kanzlerin direkt aus Brüssel vom EU-Gipfel kommend auf dem Konvent der Schwesterpartei eintrifft, bleibt auch der Generalsekretär eng an ihrer Seite. Europa und der Euro, das ist das zentrale Thema am ersten Tag des CSU-Parteitages. Ginge es nach Dobrindt, aber auch nach dem bayerischen Finanzminister Markus Söder, hätte der Parteitag wohl durchaus den Austritt Athens aus dem Euro auf die Tagesordnung heben können. Beide haben die bayerischen Landtagswahlen kurz vor der Bundestagswahl nächstes Jahr im Visier. Doch die Christsozialen widerstehen der europapolitischen Versuchung. Parteichef Horst Seehofer, wegen seiner inhaltlichen Sprunghaftigkeit lange Zeit in der Kritik, ist jetzt bester Laune. Das wiederum hilft Kanzlerin Angela Merkel. Ihr ist wichtig, dass die CSU ihr nicht mit einem Anti-Griechenland-Beschluss in den Rücken fällt, jetzt wo der Bundestagswahlkampf aufzieht. "Wenn's drauf ankommt, halten wir zusammen", ruft sie den rund 1000 Delegierten zu. Die SPD debattiere zehn Jahre danach immer noch über die Agenda 2010. "Lasst sie reden und wir kümmern uns um die Zukunft", ergänzt Merkel. Mit Blick auf die europäische Schuldenkrise verspricht die Kanzlerin leidenschaftlich, das Fundament zu stärken, auf dem der Euro gebaut sei.

Merkel bekennt sich aber auch klar zum in der Koalition umstrittenen Betreuungsgeld. Das erwartet die CSU als Gegenleistung von ihr. Denn den Leitantrag der Partei zur Zukunft Europas verabschieden die Delegierten ohne großen Widerspruch einstimmig. Darin fordern die Christsozialen eine Wächterrolle der Bundesbank über die Europäische Zentralbank und verlangen erneut Volksabstimmungen über europäische Grundsatzentscheidungen. Merkel darf sich gestärkt fühlen. Selbst der einflussreiche Euro-Rebell Peter Gauweiler gibt sich milde, lehnt aber vehement (wie die CSU) den Vorschlag von Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) nach einem Superkommissar ab: "Wir wollen keinen Finanzdiktator!" Das kann Angela Merkel verschmerzen.

Foto: Gebert/dpa

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