CSU: Eine Linie in Europa-Politik

München. Der Union droht ein neues Tauziehen um die Europapolitik. Denn in München hat sich CSU-Chef Horst Seehofer (Foto: dpa) nach heftigem internen Streit am Samstag mit seiner Linie durchgesetzt. Geht es nach Seehofer, sollen Bundestag und Bundesrat künftig der Bundesregierung vorschreiben können, welche Haltung sie in Brüssel zu vertreten hat

München. Der Union droht ein neues Tauziehen um die Europapolitik. Denn in München hat sich CSU-Chef Horst Seehofer (Foto: dpa) nach heftigem internen Streit am Samstag mit seiner Linie durchgesetzt.

Geht es nach Seehofer, sollen Bundestag und Bundesrat künftig der Bundesregierung vorschreiben können, welche Haltung sie in Brüssel zu vertreten hat. Gleichzeitig hat Seehofer dem CSU-Europagruppenchef Markus Ferber Zügel angelegt, der sich gegen so strenge Auflagen aufgelehnt hatte. Der nächste Strauß wird voraussichtlich in Kürze ausgefochten: mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und der CDU, die von den CSU-Forderungen alles andere als begeistert sind.

Seehofer will das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum EU-Reformvertrag von Lissabon nutzen, um Bundestag und Bundesrat weitgehende Mitspracherechte in der Europapolitik zu geben. Die am Samstag in München vereinbarte CSU-Linie lautet: Das Parlament und die Ländervertretung sollen zu allen europäischen Entscheidungen Stellungnahmen abgeben können. Und an eine solche Stellungnahme muss sich die Bundesregierung dann auch halten. Im Falle des Falles müsste also die Bundesregierung nach der Pfeife der Abgeordneten und Länder tanzen. "Wir wollen, dass die EU arbeitsfähig ist, aber sie muss auch demokratisch legitimiert sein", sagt Seehofer. Doch keine Regierung der Welt lässt sich gerne Macht aus der Hand nehmen.

Ferber fürchtet, dass weitgehende Mitbestimmungsrechte von Bundestag und Bundesrat die EU lähmen könnten. Seehofer hatte zunächst so geklungen, als sollten Bundestag und Bundesrat vor jeder europäischen Entscheidung zwingend zustimmen müssen. Das hatte Ferber in einem Interview als "Unfug" bezeichnet. Damit stand der schwäbische CSU-Bezirkschef keineswegs allein: Auch andere CSU-Politiker sagen, dass ein Zustimmungszwang von Bundestag und Bundesrat zur Europapolitik viel zu umständlich wäre. Aber selbst wohlgesonnene Parteifreunde waren nicht begeistert vom Wort "Unfug".

Auch in der Steuerpolitik grenzt sich die CSU weiter von der Schwesterpartei CDU ab. Seehofer bekräftigte am Samstag, dass in dem geplanten Wahlaufruf seiner Partei ein fester Termin für die von der Union geplanten Steuersenkungen stehen soll. Das Papier soll nächste Woche auf dem CSU-Parteitag in Nürnberg beschlossen werden. Die CDU hatte die Forderung der CSU abgelehnt, sich in dem gemeinsamen Wahlprogramm auf eine weitere Entlastung der Steuerzahler in den Jahren 2011 und 2012 festzulegen. dpa/ddp

Meinung

CSU will ihr Profil schärfen

Von SZ-Mitarbeiter

Ralf Müller

CSU-Chef Horst Seehofer hat sich gegen die Europapolitiker der eigenen Partei durchgesetzt. Bei Entscheidungen auf europäischer Ebene sollen die Rechte von Bundestag und Bundesrat gestärkt werden. Bringt das Europa weiter? Die Frage kann mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit verneint werden. Für Seehofer ist die Angelegenheit aber bedeutsam: Erstens hat er seine Autorität behauptet, zweitens muss er vor der Bundestagswahl das Profil der CSU gegenüber der Schwesterpartei CDU schärfen. Und drittens bedient die CSU mit der jetzt gefundenen Linie auch die Euro-Skeptiker, die bedient werden müssen, damit sie der CSU treu bleiben.

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