CSU-Chef unter Druck Was ist bloß mit Markus Söder los?

Berlin · Der CSU-Chef teilt plötzlich in alle Richtungen aus. Im Visier hat der bayrische Ministerpräsident ganz besonders die FDP.

 Markus Söder hat dazu aufgerufen, dem Bund mehr Rechte im Kampf gegen das Virus zu übertragen – derzeit geht ihm vieles nicht schnell und effektiv genug. Das sorgt für Streit, besonders mit den Liberalen. 

Markus Söder hat dazu aufgerufen, dem Bund mehr Rechte im Kampf gegen das Virus zu übertragen – derzeit geht ihm vieles nicht schnell und effektiv genug. Das sorgt für Streit, besonders mit den Liberalen. 

Foto: dpa/Sven Hoppe

Die Liste seiner Sparringspartner wird immer länger. Zu Beginn der Pandemie lieferte sich CSU-Chef Markus Söder Scharmützel mit NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) um den Titel des besten Corona-Krisenmanagers. Als die Infektionszahlen wieder anstiegen, bekam Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) für vermeintlich lasches Vorgehen sein Fett weg. Jetzt drischt der Bajuware auf die FDP ein – und selbst die CDU kriegt noch einen Schwinger ab. Was ist nur los mit Söder?

Im Streit um die stärkere Einbindung des Parlamentes bei den Corona-Entscheidungen hatte der bayerische Ministerpräsident am Montag den Vorwurf erhoben, die Liberalen würden die Maßnahmen relativieren und sich in die Nähe der AfD begeben. Nicht das erste Mal, dass Söder der FDP diese Tendenzen bescheinigt. Partei-Vize Wolfgang Kubicki schlug am härtesten zurück: Söder sei eine „traurige Figur“, wurde Kubicki persönlich. Er habe die schlechtesten Corona-Zahlen zu verantworten und nun merke er offenbar, „dass er seine Kanzler-Ambitionen begraben muss. Das tut natürlich weh“, so der Bundestagsvizepräsident zu unserer Redaktion. Doch das allein dürfte nicht der Grund sein, warum Söder die Liberalen jetzt mobbt.

Schon Ende September hatte der CSU-Chef die FDP angeschossen – die Partei sei unseriös, falle als Koalitionspartner aus, meinte er in einem Interview. Demgegenüber bescheinigte er den Grünen, im Bundestagswahlkampf Hauptkonkurrent und zugleich ein möglicher Bündnispartner zu sein. Mehrfach hatte der Bayer zudem in den letzten Monaten grün geblinkt, zum Beispiel mit seinem Vorstoß eines Verbotes des Verbrennungsmotors ab 2035. Bei der FDP vermutet man dahinter eine Strategie. Anders als die Grünen habe man frühzeitig den Corona-Kurs der Regierenden hinterfragt, das trage der Bayer nach. Außerdem wolle er die FDP kleinhalten und am liebsten aus dem Bundestag drängen. Nicht vergessen werden darf überdies, dass in der Maut-Affäre um CSU-Verkehrsminister Andreas Scheuer die FDP den Minister ein ums andere Mal zum Rücktritt aufgefordert hatte – und wahlweise der Ministerpräsidenten zum Handeln. Manch einer bei den Liberalen vermutet hinter Söders Attacken nun „Rache“.

Der Streit um die Bundestagsrechte allein kann es jedenfalls nicht sein, denn er ist nicht neu. Schon im Juni hatte die FDP im Bundestag bei der Debatte über die Aufhebung der „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ darauf gedrängt, die Rechte des Parlaments zu wahren. Das tut sie nun wieder: „In der Corona-Krise sind auch Eingriffe in Grundrechte gerechtfertigt, die meisten Maßnahmen sind notwendig“, so der Abgeordnete Oliver Luksic. Aber die Ministerpräsidentenkonferenz sei kein Verfassungsorgan, „der Bundestag muss fundamentale Fragen breit diskutieren und dann entscheiden.“ Söder hingegen fürchtet lange Debatten und verwässerte Entscheidungen angesichts des dramatischen Infektionsgeschehens. Politisch habe es bei der ersten Pandemiewelle „viel mehr Einigkeit, viel mehr Rückendeckung“ gegeben, beklagte er am Montag. Der Bayer steht derzeit besonders stark unter Druck – nicht zuletzt wegen des Lockdowns im Berchtesgadener Land. Alle Erfolge, die er mit harter Hand erlangt hat, drohen zu zerplatzen. Und damit womöglich seine Popularitätswerte.

Das, so wird in Berlin spekuliert, könnte auch ein Grund sein, warum er sogar gegen die Schwesterpartei CDU holzte, die an ihrem für Anfang Dezember geplanten Parteitag in Stuttgart mit 1001 Delegierten festhalten will. „Wir hätten es nicht gemacht – oder haben es nicht gemacht“, kritisierte Söder. Je später der Parteitag, desto später dürfte auch die Entscheidung in der K-Frage fallen. Und daran habe der Bayer angesichts möglicher eigener Ambitionen durchaus ein Interesse.

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