Comeback durch die Hintertür?

Halifax. Vor diesem Auftritt kann selbst ein Karl-Theodor zu Guttenberg Lampenfieber haben. Mehr als 300 Paar Augen richten sich auf den gefallenen Politstar, als er sich nach mehr als acht Monaten wieder ins Scheinwerferlicht wagt. Fast schüchtern betritt er den Saal, in dem er auf einem Podium über die Weltwirtschaft parlieren soll

Halifax. Vor diesem Auftritt kann selbst ein Karl-Theodor zu Guttenberg Lampenfieber haben. Mehr als 300 Paar Augen richten sich auf den gefallenen Politstar, als er sich nach mehr als acht Monaten wieder ins Scheinwerferlicht wagt. Fast schüchtern betritt er den Saal, in dem er auf einem Podium über die Weltwirtschaft parlieren soll. Er vermeidet jeden Augenkontakt mit den wartenden Fotografen, schaut mit leerem Blick in den Raum. Er lächelt kurz, setzt sich rasch in den weißen Ledersessel, schenkt zuerst seinem Gesprächspartner und dann sich ein Glas Wasser ein.Guttenberg hat sich eine Sicherheitskonferenz in Halifax für seine Rückkehr in die Öffentlichkeit ausgesucht. Hier im fernen Kanada ist er eine eher kleine Nummer. Die Zugpferde der Veranstaltung sind US-Verteidigungsminister Leon Panetta, sein israelischer Kollege Ehud Barak oder der frühere republikanische Präsidentschaftskandidat John McCain. Guttenberg begnügt sich mit der Rolle des Experten - er arbeitet für eine sogenannte Denkfabrik in Washington. Er analysiert und liefert Ideen, Politik machen jetzt andere.

Guttenberg dürfte den Ort mit Bedacht gewählt haben. Man kennt sich. Schon vor zwei Jahren war er in Halifax aufgetreten, damals noch als deutscher Verteidigungsminister. Offensichtlich ist es kein Thema für Macher und Teilnehmer der Konferenz, dass er nach Erkenntnissen seiner Uni bei der Doktorarbeit abgekupfert hatte. Er habe von der Plagiatsaffäre gelesen, sagt Forumsleiter Peter Van Praagh. Ein Thema für ihn? "Nein. Es geht um seine Erfahrung, deshalb wollen ihn die Leute hören."

Die Veranstalter kündigen Guttenberg als "angesehenen Staatsmann" an. Und wie ein Staatsmann redet Guttenberg dann auf dem Podium. Zuerst etwas verhalten, dann läuft er zu Form auf. Da verteilt er eine Breitseite gegen Europas Politiker, die unfähig seien, die Krise zu lösen und den Menschen die Lage zu erklären. "Wir stolpern von einer Ad-hoc-Lösung in die nächste." Guttenberg führt Klage, dass sich die USA mehr Richtung Asien wenden und die Europäer dem tatenlos zusehen. "Die Verschiebung der Macht ist offensichtlich."

Und der Ex-Minister punktet. "Guttenberg ist gut angekommen", sagt ein Zuhörer, Bundeswehr-Oberstleutnant Patrick Kübler vom Nato-Kommando im US-Stützpunkt Norfolk. "Er genießt bis heute einen sehr guten Ruf. Die Leute haben ihn in sehr guter Erinnerung."

Dass Guttenberg auch in der Heimat noch bewegt, zeigt der Auflauf deutscher Presse in Halifax. Fragen gibt es viele, Antworten keine: Sitzt er an einer neuen Doktorarbeit? Wann kommt er zurück nach Deutschland? Kommt das Comeback in der Politik? "Warum nicht?", meint Oberstleutnant Kübler. dpa

Foto: Halifax Int. Sec. C.

Meinung

Ein Auftritt ist kein Comeback

Von SZ-KorrespondentHagen Strauß

Ein Auftritt im fernen Kanada ist noch kein Comeback. Mag sein, dass sich der ehemalige Politstar Karl-Theodor zu Guttenberg nun langsam wieder politisch in die Öffentlichkeit tastet. Aber für eine Rückkehr auf die Bühne bedarf es doch deutlich mehr als eines Polittalks in der Fremde.

Dass die Deutschen und der Boulevard mehrheitlich "KT" zurückhaben wollen, steht wohl außer Frage. Sie betrachten seine Verfehlungen als Bagatelle. Jedoch hat man bislang nicht den Eindruck, als würde Guttenberg konsequent an einem Wiedereinstieg in die Parteipolitik arbeiten. Im Gegenteil, von ihr wirkt er besonders losgelöst. Darüber hinaus ist es ohnehin so, dass einige von Guttenbergs Ex-Förderern in der CSU froh sind, einen Mann losgeworden zu sein, der ihnen politisch hätte gefährlich werden können. Die Popularität des Freiherrn ist vielen in der Union auf den Keks gegangen.

Am Rande

Der Leuchtturm-Preis der Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche geht in diesem Jahr an die Redaktionen der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) und der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" (FAS). Damit werde die Haltung der Zeitungen in der Berichterstattung über die Guttenberg-Affäre ausgezeichnet, teilte die Organisation mit. "Die FAZ ist in der Guttenberg-Affäre ihren Grundüberzeugungen treu geblieben, obwohl sie damit einem Sturm von Teilen der eigenen Guttenberg-begeisterten Leserschaft standhalten musste", erklärte der zweite Vorsitzende des Netzwerks, Markus Grill. epd

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