„Cleverle“ Lothar Späth ist tot

Stuttgart · Quirlig und voller Ideen: So kannte man Lothar Späth als baden-württembergischen Regierungschef. Nun ist er im Alter von 78 Jahren gestorben.

In den Zeiten von Lothar Späth war die Welt für die CDU in Baden-Württemberg noch in Ordnung. Die Partei stellte den Ministerpräsidenten, an einen Grünen in der Stuttgarter Staatskanzlei war nicht zu denken. Dreimal hintereinander verteidigte das "Cleverle" in den 80er Jahren die absolute Mehrheit der CDU im Südwesten. Doch diese Vormacht ist dahin. Über den grünen Regierungschef Winfried Kretschmann sagte er einst, dieser mache einen guten Job - "und versteht es, auf die Menschen zuzugehen".

In den vergangenen Jahren war es um den CDU-Politiker ziemlich ruhig geworden. Er tauchte praktisch nicht mehr in der Öffentlichkeit auf. Im Frühjahr 2014 machte er noch einmal kurz Schlagzeilen, als es um die Trennung von seiner Ehefrau Ursula ging. Eine Scheidung sei aber kein Thema, versicherte er. Mit dem Rückzug ins Private mied Späth auch das Fernsehen. Er war einst ein Liebling der Talkshows, hatte zeitweise sogar eine eigene Sendung. Jahrelang gab er als Experte Auskunft über die Wiedervereinigung. Denn als Späth 1991 seinen Hut in Stuttgart als Regierungschef nehmen musste, ging der Schwabe als Manager in die Wirtschaft nach Thüringen.

Späth hatte 1978 Hans Filbinger als Ministerpräsident beerbt. Der Schwabe war damals der jüngste Regierungschef. Gut zwölf Jahre später stürzte er seine Union in eine tiefe Krise. Hintergrund waren die Umstände seines Abgangs am 13. Januar 1991. Zuvor waren immer mehr Einzelheiten über Auslandsreisen bekannt geworden. Es ging es um zahlreiche offizielle, halboffizielle und private Reisen auf Kosten der Wirtschaft. Das Wort "Traumschiff-Affäre" machte die Runde. Späth zog die Konsequenzen aus den Verdächtigungen und trat zurück. Eine greifbare Einflussnahme wurde nie nachgewiesen.

Die Triebfedern von Späth waren Neugier, unbändiger Wissensdurst und die Lust am Disput. Der in Sigmaringen geborene Politiker, der in einem streng pietistischen Elternhaus aufgewachsen ist, hatte aus Ärger über seinen Vater als Zehntklässler das Gymnasium verlassen und stattdessen eine Ausbildung in der Verwaltung gemacht. Diesen Schritt bereute er später immer wieder. Denn das Jurastudium, zu dem es ihn hinzog, blieb ihm verwehrt.

Späth war während seiner Amtszeit als Regierungschef auch immer wieder auf der bundespolitischen Bühne vertreten. Er wurde in der Union damals gar als mögliche Alternative zu Kanzler Helmut Kohl (CDU ) gehandelt. Beim Bremer Bundesparteitag der CDU 1989 wurde Späth abgestraft und schaffte nicht den Wiedereinzug in das CDU-Präsidium. Er galt als Anführer der parteiinternen Opposition gegen Kohl. Angetreten gegen Kohl ist Späth aber nicht. "Er hätte sich auf den Weg des Kanzleranwärters begeben können, besaß aber diesen Rebellen-Mut nicht", so Marlis Prinzing in der Späth-Biografie "Wandlungen eines Rastlosen".

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