Clement sieht in Rauswurf Richtungskampf der SPD

Berlin. Der drohende Parteiausschluss des früheren Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement (Foto: dpa) sorgt weiter für Aufruhr in der SPD. Clement zeigte sich am Freitag tief enttäuscht: "Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in der Partei Willy Brandts so gering geschätzt wird

Berlin. Der drohende Parteiausschluss des früheren Bundeswirtschaftsministers Wolfgang Clement (Foto: dpa) sorgt weiter für Aufruhr in der SPD. Clement zeigte sich am Freitag tief enttäuscht: "Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass das Recht auf freie Meinungsäußerung in der Partei Willy Brandts so gering geschätzt wird." Parteichef Kurt Beck rief die SPD zu "Besonnenheit und Verantwortung" in der Debatte auf. Er kündigte an, dass die Bundes-SPD dem Schiedsverfahren gegen Clement beitreten werde, um das "Interesse der Gesamtpartei" wahrzunehmen. Eine Reihe von SPD-Politikern stärkte Clement klar den Rücken. Als Kampf um den politischen Kurs der SPD begreift Clement seinen Rauswurf, gegen den er vor der Bundesschiedskommission der Partei in Berufung geht. Dem "Kölner Stadt-Anzeiger" sagte Clement: "Zum ersten Mal scheint der linke Flügel über eine Mehrheit in Parteivorstand und Parteirat zu verfügen." Er betrachte es als seine "Pflicht", sein Wort zu erheben, wenn in seiner Partei "Unverantwortliches vertreten" werde. Dabei nannte er erneut den Energiekurs der Hessen-SPD. Beck enthielt sich einer Bewertung, hob mit Blick auf das Schiedsverfahren gegen den Ex-Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen jedoch hervor: "Mir ist aber wichtig, dass in einer Gesamtbetrachtung sowohl persönliches Verhalten als auch die politische Lebensleistung in die Beurteilung einbezogen werden." Allerdings werde die "engere Parteiführung" dem Votum des Bundesschiedsgerichts nicht vorgreifen.

Zahlreiche SPD-Politiker hatten kritisiert, dass Clement zwar einen Fehler gemacht habe, dass dies nach seinem jahrzehntelangen Einsatz für die SPD aber keinen Parteiausschluss rechtfertige. Der Verfechter der umstrittenen Agenda 2010 hatte mitten im hessischen Wahlkampf indirekt dazu aufgerufen, die SPD nicht zu wählen, weil er deren Energiekurs ablehnte. Parteivize Peer Steinbrück erklärte, die SPD und Clement müssten "einander aushalten". Die SPD könne ihren Charakter als Volkspartei nur beibehalten, "wenn sie in ihren Reihen über ein breites Spektrum an Meinungen und Persönlichkeiten verfügt". Nur das mache die SPD mehrheitsfähig.

Parteivize Frank-Walter Steinmeier hatte Clement bereits am Donnerstag Rückendeckung gegeben. Der eher dem linken Parteiflügel zugerechnete Fraktionsvize Ludwig Stiegler nannte den Parteiausschluss Clements eine "krasse Fehlentscheidung". Er verwies darauf, dass auch in der SPD Meinungsfreiheit gelte. Der konservative Seeheimer Kreis stellte sich hinter Clement: Er habe einen Fehler gemacht, aber eine Volkspartei "brauche starke Charaktere auch auf den Flügeln". afp

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort