„Champagner statt Krimsekt“

Das Nein der Niederländer zum EU-Ukraine-Abkommen stärkt nach Ansicht des Vorsitzenden des Auswärtigen Ausschusses des EU-Parlaments, Elmar Brok (CDU), den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Zugleich warnt Brok im Gespräch mit SZ-Korrespondent Hagen Strauß vor zu viel Rücksicht auf Populisten.

Herr Brok, wie erklären Sie sich den Ausgang des niederländischen Referendums?

Brok: Wenn man für etwas nicht eintritt, dann muss man sich auch nicht wundern. Die niederländische Regierung hat kaum Wahlkampf gemacht, die demokratischen Parteien auch nicht. Es ist übrigens ein Problem in den Niederlanden seit Jahren, dass man sich dort mehr für Europa entschuldigt. Die Rücksichtnahme auf Populisten macht Populisten nur stärker.

Aber steckt Europa nicht auch in einer Vertrauenskrise?

Brok: Das ist kein Europaproblem, sondern eine Frage des Misstrauens gegen Eliten insgesamt. Der Vertrauensverlust ist groß. Das fängt beim Fifa-Skandal an und hört bei den Panama-Papieren auf. Le Pen in Frankreich, Wilders in den Niederlanden, die AfD bei uns sind zudem nicht wegen Europa entstanden, sondern wegen der inneren Unzufriedenheit der Menschen in ihren Ländern. Da werden europäische Themen wie die Migration dann benutzt. Dagegen hilft nur, sich anständig zu verhalten und anständig Politik zu machen.

Ist die Annäherung von EU und Ukraine jetzt gefährdet?

Brok: Nein. Der Vertrag gilt. Er ist provisorisch in Kraft und wird voll umgesetzt. Nichts ist haltbarer als ein Provisorium.

Aber der Ausgang des Referendums ist schon ein indirekter Sieg Putins, oder?

Brok: Ja. Putin kann sich gestärkt fühlen. Er wird wahrscheinlich Champagner statt Krimsekt aufmachen. Vor allem in den osteuropäischen Ländern gibt es einige, die sich immer noch mehr an Moskau orientieren wollen. Die können jetzt sagen: Auf diesen Westen kann man sich nicht verlassen.

Vielleicht ist aber auch die EU-Osterweiterung 2004 zu früh gekommen.

Brok: Die Osterweiterung war die Antwort auf die Ereignisse in Europa 1989/90. Das hat zu Stabilität geführt. Die meisten Länder machen es ja gut. Die Polen haben sich beispielsweise toll entwickelt, auch wenn sie derzeit keine gute Regierung haben. Worauf wir jetzt mehr Wert legen müssen, vor allem mit Blick auf die Länder des Balkans, ist die Einhaltung von Rechtsstaatlichkeit.

Was bedeutet das niederländische Ergebnis für das Referendum in Großbritannien über einen EU-Verbleib?

Brok: Nichts Gutes. Das ist kein Auftrieb für jene, die in der Europäischen Union bleiben wollen.

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