Cameron in der Vertrauensfalle

London · Eigentlich hat David Cameron andere Sorgen. Schließlich hat er sein politisches Schicksal mit dem „Brexit“-Votum im Juni verbunden. Der Wirbel um die „Panama- Papiere“ kommt zur Unzeit.

 Cameron druckste tagelang herum, wollte alles unter den Teppich kehren. Foto: dpa

Cameron druckste tagelang herum, wollte alles unter den Teppich kehren. Foto: dpa

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"Ich habe keine Anteile, keine Offshore-Trusts, keine Offshore-Funds, nichts dergleichen." Das sagte der britische Premierminister David Cameron am Dienstag dieser Woche. Seine Worte waren nicht gelogen. Und doch ließ er die ganze Wahrheit aus. Denn er verfügte sehr wohl über Anteile, wie nun öffentlich wird - am Ende einer Woche des Herumlamentierens, die in die Lehrbücher als Beispiel für völlig misslungenes Krisenmanagement eingehen wird.

Noch am Montag schickte Cameron seine Sprecherin vor, die erklärte, dass es sich bei den Finanzgeschäften seiner Familie um eine "private Angelegenheit" handele, nachdem der Name seines Vaters, Ian Cameron, in den "Panama-Papiere" aufgetaucht war. Demnach soll der 2010 Verstorbene mit seinem Investmentfonds "Blairmore Investment Trust" über Jahrzehnte die heimische Steuer weiträumig umschifft haben. Camerons Statement war der misstrauischen Presse nicht genug.

Private Angelegenheit? Cameron steht als Premierminister in vorderster Reihe und ist zudem auch stets der Erste, der mit markigen Worten Steueroasen verurteilt und mehr Transparenz bei Steuerangelegenheiten in den britischen Überseegebieten fordert. Also bohrten die Medien weiter und sein Büro sah sich gezwungen, am Dienstag erneut eine Mitteilung herauszugeben, die ebenfalls in Gegenwartsform gehalten wurde: "Um es klar zu machen: Der Premierminister , seine Frau und ihre Kinder profitieren nicht von irgendwelchen Briefkastenfirmen." Er habe keine Anteile. Am Mittwoch, die Familie Cameron bestimmte längst die Schlagzeilen auf der Insel, hieß es: "Es gibt keine Offshore-Funds/Trusts, von denen der Premierminister , Frau Cameron oder ihre Kinder in der Zukunft profitieren werden."

Eine weitere Nacht verging, der Druck auf Cameron nicht - und er knickte schlussendlich ein: "Wir haben 5000 Anteile am Blairmore Investment Trust besessen", gestand er in einem Interview am Donnerstag. Also doch. Im April 1997 erstand das Paar die Papiere für 12 497 Pfund und verkaufte sie vor seinem Einzug in die Downing Street Nummer 10 für 31 500 Pfund, heute umgerechnet etwa 39 000 Euro. Cameron betonte, er und seine Frau hätten bei der Steuererklärung alle jährlichen Ausschüttungen angegeben und auch die fällige Einkommenssteuer bezahlt. Er habe nichts zu verbergen und sei stolz auf seinen Vater. "Ich kann kaum ertragen zu sehen, wie sein Name durch den Dreck gezogen wird."

Doch die Erläuterungen kamen zu spät, Presse sowie Opposition stürzten sich auf den Regierungschef. Der stellvertretende Labour-Vorsitzende Tom Watson bezichtigte Cameron der "Heuchelei" und nannte dessen Vorgehen "moralisch falsch". Er sei sich nicht sicher, ob "das britische Volk ihm verzeiht". Einige Abgeordnete der Opposition forderten seinen Rücktritt. "Als Steuerzahler ist Cameron unschuldig. Als Gesetzgeber ist er schuldig", schrieb Simon Jenkins, Kolumnist des "Guardian".

Die Glaubwürdigkeit des Premier steht derzeit also auf dem Spiel. Dabei geht es für Cameron aktuell so dringend wie selten zuvor darum, das Vertrauen der Bevölkerung zu gewinnen. Er wirbt wenige Wochen vor dem anstehenden Referendum über die Mitgliedschaft Großbritanniens in der EU für den Verbleib. Könnte dieses PR-Desaster den Ausgang der Volksabstimmung beeinflussen? Der konservative "Telegraph" ist sich sicher: "Was auch immer schlecht für Cameron ist, ist gut für den Brexit."

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