Bundeswehr-Verband: Einsatz in Syrien möglich

Saarbrücken · Der Bundeswehr-Verband hält einen Einsatz deutscher Soldaten in Syrien für möglich – nach einer diplomatischen Lösung. In der Afghanistan-Politik wirft Verbandschef André Wüstner der Politik schwere Fehler vor.

Der Deutsche Bundeswehr-Verband hält den Einsatz deutscher Soldaten in Syrien nach einer diplomatischen Lösung des Konflikts grundsätzlich für möglich. Verbandschef André Wüstner sagte in einem SZ-Gespräch, eine Lösung, die zum Beispiel die Einrichtung von Schutzzonen vorsehe, könne Jahre dauern, aber sie könne auch von heute auf morgen gefunden werden. "Dann wird Deutschland seiner Verantwortung als Mittelmacht gerecht werden müssen", sagte der Oberstleutnant. Deshalb könne man einen Einsatz dort nicht ausschließen.

Der Abzug der Bundeswehr aus der nordafghanischen Unruheprovinz Kundus Ende 2014 war nach Wüstners Einschätzung voreilig. "Die Streitkräfte haben seit Jahren davor gewarnt, den Abzug nicht lageabhängig, sondern national wie international an innenpolitisch festgelegten Zeitlinien durchzuführen." Die Politik dürfe kein Machtvakuum wie im Irak oder in Libyen hinterlassen, dies führe ins Chaos. Wüstner warnte, wenn sich die Destabilisierung weiter ausweite, könnten Hunderttausende Menschen aus der Region nach Europa fliehen.

Nach den militärischen Erfolgen der Taliban in der Region Kundus, in der jahrelang auch Fallschirmjäger der Saarland-Brigade kämpften, gebe es zwei Möglichkeiten: Entweder die afghanische Armee schaffe es eigenständig, "den Raum wieder freizukämpfen". Dann müsse die reine Ausbildungsmission der Bundeswehr mit derzeit 850 Soldaten in Kabul und Mazar-i-Sharif verlängert, am besten auch aufgestockt werden. Bestehe die Gefahr des Scheiterns der afghanischen Armee, müsse man wieder Kampftruppen nach Afghanistan schicken, die afghanische Soldaten erneut in Gefechte begleiten und sie dabei ausbilden und unterstützen. Ein solcher Einsatz wäre Wüstner zufolge vergleichbar mit der früheren Isaf-Mission mit tausenden Soldaten . "Es darf nicht sein, dass die Politik diese Region abschreibt", so der 41-Jährige.

Wüstner warf der Politik Fehler in Afghanistan vor. "Ich habe bisher noch keinen Minister gehört, der aktuell erklärt hätte, welche Ziele die Bundesregierung im Rahmen der Staatengemeinschaft bis wann in Afghanistan erreichen will." Der vernetze Ansatz der verschiedenen Ressorts scheine nicht zu funktionieren.

Er wies zudem Kritik zurück, die Bundeswehr tue zu wenig bei der Flüchtlingshilfe in Deutschland. Beim Oderhochwasser etwa habe es die Wehrpflicht noch gegeben und die nationale Krisen- und Risikovorsorge habe in der Politik einen viel höheren Stellenwert gehabt. Die Verkleinerung der Bundeswehr auf 185 000 Soldaten sei ein Fehler gewesen. "Wenn jetzt noch neben den laufenden Einsätzen ein Hochwasser oder eine Schneekatastrophe käme, hätte Deutschland ein großes Problem", sagte Wüstner. In der Bundeswehr gebe es die große Sorge, dass unter der neuen Aufgabe der Ausbildungsbetrieb und die Einsatzbereitschaft leide.

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