Bundeswehr rüstet im Baltikum auf

Berlin · Die Bundeswehr rüstet ihre „Eurofighter“ im Baltikum auf. Noch nie waren Kampfjets der Bundeswehr so schwer bewaffnet in einem Einsatz. Der Luftwaffeninspekteur hält das für ein notwendiges Signal. Die Opposition reagiert entsetzt.

Die deutschen "Eurofighter " waren gerade einmal eine Woche im estnischen Ämari, da gab es den ersten Alarm. Am Morgen des 31. August stellte die Nato-Luftraumüberwachung Flugaktivitäten im internationalen Luftraum südöstlich von St. Petersburg fest. Es dauerte nicht lange, bis die Kampfjets der Bundeswehr aufstiegen. Ihr Auftrag: Identifizierung der unbekannten Flugobjekte. Irgendwo über der Ostsee trafen sie auf vier russische Militärflugzeuge. Die Kennzeichen an den Heckflossen wurden notiert, dänische und schwedische Verbündete begleiteten die russischen Flieger dann noch ein Stück.

Das so genannte "Air Policing" der Nato über dem Baltikum gibt es zwar schon seit 2004, seit Beginn der Ukraine-Krise hat der Einsatz aber eine neue Bedeutung und Brisanz bekommen. Er ist eines der wichtigsten Zeichen der Bündnissolidarität an die baltischen Staaten, die sich seit der Annexion der ukrainischen Krim durch Russland massiv von ihrem mächtigen Nachbarn bedroht fühlen. Im Moment sind acht Flugzeuge der Nato im Baltikum im Einsatz. Und nun überwachen deutsche "Eurofighter " den Luftraum erstmals seit Beginn der Krise mit voller Kriegsbewaffnung. "Das ist kein Mittel zum Eskalieren. Das ist nur ein Mittel, um sich auf Augenhöhe begegnen zu können", sagte Luftwaffeninspekteur Karl Müllner. Außerdem sei die schwere Bewaffnung für die Moral der Truppe wichtig. "Es gibt uns schon eine gewisse Rückversicherung, auch mit einer vollen Ausstattung dabei zu sein, denn man weiß ja nicht, was der andere für Befehle hat", sagt Müllner. "Man würde auch als Polizist nicht unbewaffnet oder ohne seine Schutzausrüstung in den Einsatz gehen." Für die Soldaten sei die Bewaffnung auch das Zeichen: "Die Politik nimmt das, was wir hier zu leisten haben, ernst."

Die stellvertretende Fraktionschefin der Linken, Sahra Wagenknecht , kritisierte die Aufrüstung allerdings scharf. "Das sind brandgefährliche Kriegsspiele, die die Kriegsgefahr für ganz Europa erhöhen", sagte sie. Wer voll bewaffnete "Eurofighter " der Bundeswehr nach Osteuropa schicke, habe offensichtlich den Verstand verloren. "Die Bundesregierung sollte diesen Wahnsinn sofort stoppen."

Nach einer Nato-Statistik sind die Kampfjets im Baltikum zwischen Januar 2014 und Juni dieses Jahres 365 Mal gestartet, um russische Flugzeuge zu identifizieren und zu begleiten. Die deutsche Luftwaffe war nach Beginn der Ukraine-Krise von September bis Dezember 2014 und ist jetzt wieder seit Ende August an der Nato-Mission beteiligt. Seitdem fliegen die "Eurofighter " mit voller Kriegsausstattung.

Im vergangenen Jahr hatten die "Eurofighter " diese nicht dabei. "Das lag eher am politischen Umfeld, wo man gesagt hat, der Schwerpunkt liegt auf Deeskalation", erklärte Müllner. Die sogenannte "War Time Load" (wörtlich: Ladung für Kriegszeiten) hätte man "auch falsch verstehen können." Heute werde das "unkritischer" gesehen. Zur Kriegsausrüstung eines "Eurofighters" zählen eine scharfe Kanone, Infrarot-Kurzstreckenraketen, radargesteuerte Mittelstreckenraketen und ein elektronisches Abwehrsystem mit radargesteuerten oder Infrarot-Täuschkörpern, die bei einer Bedrohung ausgestoßen werden.

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