Bundestagsparteien offen für Migrations-Debatte

Frankfurt · Auf der Suche nach klaren Regeln für Flüchtlinge und dringend benötigte Fachkräfte: In Deutschland sind die Meinungen darüber geteilt, ob ein neues Einwanderungsgesetz nötig oder schlicht überflüssig ist.

Nach dem Vorstoß von CDU-Generalsekretär Peter Tauber für ein Einwanderungsgesetz hat sich Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel offen für eine solche Debatte gezeigt. Es gehe dabei um die Frage, wie Deutschland auf den Fachkräftemangel reagieren solle, sagte Merkel am Wochenende nach der CDU-Vorstandsklausur in Hamburg. Wirtschaftsvertreter riefen dazu auf, Zuwanderung nach Deutschland mehr als Chance denn als Risiko zu verstehen. Merkel sagte, beim Thema Einwanderung müsse es womöglich noch "Verbesserungen" geben. Allerdings sei über den Vorstoß Taubers auf der Klausur nicht gesprochen worden. Die CDU sei sich aber einig, dass neben der Debatte über Asylbewerber und Flüchtlinge auch das Thema Fachkräftemangel bei der Aufnahme von Migranten eine Rolle spiele.

Tauber hatte für ein neues Einwanderungsgesetz in Deutschland plädiert und war damit bei SPD und Grünen umgehend auf Zustimmung gestoßen. "Wir verlieren in den nächsten acht Jahren bis zu sechs Millionen Arbeitskräfte. Da entsteht eine riesige Lücke, die eine echte Einwanderungspolitik nötig macht", bekräftigte SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann gestern in einem Gastbeitrag für die "Wetzlarer Neue Zeitung". Keinen Handlungsbedarf des Gesetzgebers sieht dagegen das Bundesinnenministerium unter Leitung von Thomas de Maizière (CDU ). "Wir brauchen eine geordnete, gut gesteuerte Einwanderung ", sagte indes Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD ) der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung". Auch der Grünen-Innenexperte Volker Beck plädierte für neue Regelungen, die "Deutschland für qualifizierte Einwanderer attraktiv machen". Dies dürfe aber nicht gegen das Gebot ausgespielt werden, Flüchtlinge aus humanitären Gründen aufzunehmen, erklärte Beck gestern in Berlin. Vielmehr solle auch dieses Potenzial durch Integration und Qualifikation genutzt werden.

Auf die wirtschaftliche Bedeutung von Zuwanderung verwies der Präsident des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI ), Ulrich Grillo. "Zuwanderung tut Deutschland gut", sagte Grillo, dessen Vorfahren einst aus Italien eingewandert waren, gestern im Deutschlandfunk . "Das Wachstum, das wir erleben und hoffnungsvoller Weise auch weiter erleben, ist vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in Deutschland ohne Zuwanderung überhaupt nicht erreichbar." Zuwanderung sei unverzichtbar, sagte auch der Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Eric Schweitzer. "Nur sie sichert Lebensstandards und soziale Ansprüche auch derer, die hier geboren wurden", hob er in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" gestern hervor.

Einem neuen Einwanderungsgesetz erteilte Schweitzer allerdings eine Absage. "Das brauchen wir nicht", denn Zuwanderung sei in Deutschland bereits detailliert geregelt. Mit Blick auf Asylbewerber sagte auch Schweitzer, Deutschland solle Flüchtlinge "als Chance und nicht als Risiko" verstehen. "Eine Ausbildung sollte ein Grund sein, eine Abschiebung auszusetzen", verlangte er zudem.

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Hintergrund Bei der Rückführung abgelehnter Asylbewerber sei in Deutschland "längst einiges in Bewegung", die Asylverfahren schon deutlich kürzer geworden, sagte gestern der Präsident des Bundesamtes für Migration, Manfred Schmidt . "Wir sind jetzt bei einer durchschnittlichen Verfahrensdauer von 7,1 Monaten". Bei Anträgen, die seit 1. Januar 2013 gestellt wurden, seien es sogar nur 4,9 Monate. Laut Koalitionsvertrag sei das Ziel drei Monate. epd

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