Bund kappt Macht kleiner Gewerkschaften

Berlin/Saarbrücken · Lokführer- und Pilotenstreiks haben die monatelange Debatte um die Rechte kleiner Gewerkschaften angeheizt. Nun hat der Bundestag das umstrittene Gesetz zur Tarifeinheit beschlossen – und schwächt damit die „Kleinen“.

Nach fünf Jahren kehrt Deutschland zum Prinzip "Ein Betrieb - ein Tarifvertrag" zurück. Das umstrittene Gesetz zur Tarifeinheit nahm gestern im Bundestag die letzte Hürde. CDU , CSU und SPD stimmten mit großer Mehrheit und gegen den Widerstand der Opposition dafür. Allerdings gab es auch 16 Gegenstimmen aus der Union und eine aus der SPD .

Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD ) sieht das Gesetz als Mittel zur Stärkung der Tarifautonomie. "Das Koalitionsrecht und das Streikrecht tasten wir nicht an", betonte sie. Die neue Regelung stärke die Grundlagen der gewerkschaftlichen Interessenvertretung und den Ausgleich zwischen Arbeitgeber- und Arbeitnehmer-Interessen. Mit dem Gesetz, das im Sommer in Kraft treten dürfte, soll die Macht kleiner Sparten-Gewerkschaften eingedämmt werden. Es enthält Regelungen für den Fall, dass konkurrierende Gewerkschaften innerhalb eines Betriebes einen Tarifvertrag für dieselbe Berufsgruppe durchsetzen wollen: Können sie sich nicht einigen, kommt der Tarifvertrag der Gewerkschaft mit den meisten Mitgliedern zum Zuge.

Das Bundesarbeitsgericht hatte die Tarifeinheit im Juni 2010 gekippt, um den Wettbewerb der Gewerkschaften sicherzustellen. Seither können für dieselbe Beschäftigtengruppe in einem Betrieb unterschiedliche Tarifverträge gelten.

Der Beamtenbund dbb und die Ärztegewerkschaft Marburger Bund kündigten an, umgehend Verfassungsklage gegen das neue Gesetz zu erheben. Die Regelung zerstöre den Betriebsfrieden, sagte dbb-Chef Klaus Dauderstädt. Auch die Opposition im Bundestag übte scharfe Kritik an dem Gesetz. "Bestimmte Streiks von kleineren Gewerkschaften " sollten unmöglich gemacht werden, sagte Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter . Der CDU-Abgeordnete Rudolf Henke sagte, das Grundrecht dürfe nicht "unter das Mehrheitsprinzip gestellt werden". Im Saarland kritisierte Oskar Lafontaine , Chef der Linksfraktion im Landtag, nun würden "ausgerechnet die Gewerkschaften beschnitten, die noch etwas bewegen können". >

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