Bulgaren und Rumänen sind gut integriert

Berlin · Die CSU hatte ordentlich getrommelt, bevor zu Beginn dieses Jahres die EU-Freizügigkeitsrechte für Bulgaren und Rumänen in Kraft traten. Es drohe Armutszuwanderung. Eine Statistik zeichnet jetzt ein anderes Bild.

"Wer betrügt, der fliegt." Unter diesem Motto hatte die CSU vor einem Jahr eine Debatte über angebliche Armutszuwanderer entfacht. Auslöser waren die vollen EU-Freizügigkeitsrechte für Bulgaren und Rumänen, die am 1. Januar 2014 in Kraft traten. Aktuelle Daten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigen aber, dass gerade die Zuwanderer aus diesen beiden osteuropäischen Staaten überdurchschnittlich gut in Deutschland integriert sind .

Mit bis zu 180 000 arbeitssuchenden Bulgaren und Rumänen hatte die Bundesagentur für Arbeit 2014 gerechnet. Tatsächlich kamen bis Ende November 120 000 Personen. Damit leben jetzt insgesamt 534 000 Bulgaren und Rumänen in Deutschland. Sie sind jedoch keineswegs in die Sozialsysteme eingewandert, wie die CSU glauben machen sollte. Der IAB-Integrationsexperte Herbert Brücker spricht vielmehr von einem wahren "Beschäftigungswunder". So ist der Anteil der abhängig Beschäftigten unter den Bulgaren und Rumänen seit Dezember 2013 um satte 13 Prozentpunkte auf fast 55 Prozent gestiegen. Zum Vergleich: Die Beschäftigungsquote bei den insgesamt hier lebenden Ausländern beträgt nur knapp 48 Prozent.

Nach Einschätzung Brückers ist diese positive Entwicklung eine direkte Folge der vollen Arbeitnehmerfreizügigkeit: "Früher kamen die Leute nur als Saisonarbeitskräfte, jetzt können sie sich ohne Hürden am deutschen Arbeitsmarkt integrieren, und das wird massenhaft genutzt." Die Arbeitslosenquote unter den Bulgaren und Rumänen liegt mit aktuell 9,2 Prozent allerdings noch etwas höher als unter der gesamten arbeitsfähigen Bevölkerung in Deutschland (7,3 Prozent).

Andererseits werden bulgarische und rumänische Arbeitskräfte vergleichsweise schlecht bezahlt. Ihr durchschnittlicher Bruttolohn liegt bei 1888 beziehungsweise 1882 Euro im Monat. Das sind rund 1100 Euro weniger als bei den deutschen Beschäftigten und immer noch gut 600 Euro weniger gemessen an allen hier lebenden ausländischen Arbeitnehmern. Aus diesem Gefälle erklärt sich zum Teil dann auch, warum die Zahl der Hartz-IV-Empfänger unter den Bulgaren und Rumänen spürbar gestiegen ist. Zur Jahresmitte verdiente jeder Vierte (24,9 Prozent) so wenig, dass er auf ergänzende Grundsicherung angewiesen war. Im Juli 2013 war es nur etwa jeder Fünfte (21,2 Prozent) gewesen.

Die schwarz-rote Bundesregierung hatte indes als eine ihrer ersten Amtshandlungen eine Staatssekretärs-Runde eingerichtet, die sich als Reaktion auf die CSU-Kampagne mit der "Inanspruchnahme von Sozialleistungen durch EU-Bürger" beschäftigte. Angaben zu Betrügereien konnte sie nicht machen. Trotzdem kam es jüngst per Parlamentsbeschluss zu einer Verschärfung des Freizügigkeitsgesetzes. So soll zum Beispiel ein unberechtigter Kindergeldbezug verhindert werden. Außerdem sind Wiedereinreise-Verbote durch die Behörden künftig leichter möglich.

Die Bulgaren und Rumänen, an denen sich die ganze Debatte entzündete, taugen allerdings auch hier nicht zum Sündenbock. Mit einem Anteil der Kindergeld-Bezugsberechtigten von lediglich 9,6 Prozent gehören sie zu den kinderärmsten Bevölkerungsgruppen in Deutschland. Die Kriminalstatistik weist für 2013 nur 195 Bulgaren und Rumänen mit Verdacht auf Sozialleistungsbetrug auf. Das sind 0,5 Prozent.

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