Britischer Premier gibt auf

London. Wende im Tauziehen um eine neue Regierung in Großbritannien: Premierminister Gordon Brown (Foto: dpa)hat seinen Rücktritt als Chef der Labour-Partei angekündigt. Gleichzeitig erklärte er, dass seine Partei mit den Liberaldemokraten offiziell in Koalitionsverhandlungen treten werde

London. Wende im Tauziehen um eine neue Regierung in Großbritannien: Premierminister Gordon Brown (Foto: dpa)hat seinen Rücktritt als Chef der Labour-Partei angekündigt. Gleichzeitig erklärte er, dass seine Partei mit den Liberaldemokraten offiziell in Koalitionsverhandlungen treten werde. Die Liberalen hatten vor der Wahl erklärt, mit Labour keine Koalition bilden zu wollen, falls Brown an deren Spitze bleibe.

Brown sagte, sollte sich herausstellen, dass eine Zusammenarbeit mit den Liberalen im Interesse des Landes sei und stabile Verhältnisse schaffe, sehe er es als seine Pflicht an, sie auf den Weg zu bringen. "Aber ich habe nicht das Bedürfnis, länger als nötig in meiner Position zu bleiben, bis das Wirtschaftswachstum gesichert ist und der politische Reformprozess in Gang gekommen ist." Brown hat damit zwar seinen Rücktritt als Labour-Chef angekündigt, jedoch noch nicht als Premierminister.

Bei der Wahl am vergangenen Donnerstag hatte die Labour-Partei eine schwere Schlappe einstecken müssen. Die Tories von Parteichef David Cameron hatten zwar die meisten Sitze bekommen, aber auch keine absolute Mehrheit. Deshalb verhandeln derzeit auch sie mit den Liberaldemokraten von Nick Clegg. Brown erklärte, dass keine Partei die "vollkommene Unterstützung des Landes" bekommen habe. "Als Chef meiner Partei muss ich akzeptieren, dass das auch ein Urteil über mich ist."

Die formellen Gespräche zwischen den "Lib Dems" und Labour sollten so schnell wie möglich beginnen, sagte Brown. Seiner Ansicht nach sei eine echte Koalition, bei der die Liberaldemokraten auch Ministerämter bekommen könnten, die beste Lösung für Großbritannien.

Eine Koalition zwischen Liberalen und Labour hätte im Parlament allerdings nur eine schwache Mehrheit und wäre auf die Unterstützung weiterer kleiner Parteien angewiesen. Das Wahlsystem macht theoretisch auch eine Minderheitsregierung möglich, bei der die größere Partei von kleineren geduldet wird.

Gestern hatte es zunächst so ausgesehen, als ob die Konservativen kurz vor einer Einigung mit den Liberaldemokraten stehen könnten. Nach dem Statement Browns erschien wieder alles offen, da die Liberalen in ihrer Politik stärker mit den Sozialdemokraten übereinstimmen als mit den Konservativen - einer Koalition stünde weniger im Wege. Clegg habe ihm mitgeteilt, dass die Gespräche mit den Tories auch während der Verhandlungen mit Labour weitergingen, sagte Brown. Brown hatte die Ämter des Premiers und Parteichefs 2007 von Tony Blair übernommen. dpa

Meinung

Ein genialer Schachzug

Von SZ-Mitarbeiter

Hendrik Bebber

Gordon Browns genialer Zug mit dem Selbstopfer vor dem Schachmatt eröffnet seiner Labour-Partei nun eine vierte Regierungsperiode: Mit ihnen könnten die Liberaldemokraten eine weitaus glücklichere Verbindung eingehen als mit den Konservativen. Denn der Gegensatz zwischen den überaus europafreundlichen Liberaldemokraten und den traditionell euroskeptischen Tories ist krass. Asylpolitik und die atomare Abschreckung sind weitere Knackpunkte für eine Zusammenarbeit. Labour und die Liberaldemokraten könnten ihre Gegensätze dagegen gut ausgleichen und eine stabile Regierung bilden.

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